Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer anderen als der hälftigen Aufteilung beim Behinderten-Pauschbetrag gem. § 33b Abs. 5 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Grds. ist der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 5 EStG, der einem Kind zusteht, für das der Stpfl. einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld erhält, auf beide Elternteile je zur Hälfte aufzuteilen. Das gilt, wenn das Kind den Behinderten-Pauschbetrag nicht in Anspruch nimmt.
- Nimmt das Kind den Pauschbetrag nicht in Anspruch, ist dieser voll auf den unbeschränkt steuerpflichtigen Elternteil zu übertragen, wenn der andere Elternteil nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist.
- Zum Verhältnis von § 33b Abs. 5 EStG und § 26a Abs. 2 EStG.
- Dem Gesetzgeber lag mit § 26a Abs. 2 Satz 2 EStG die Vorstellung zu Grunde, dass die Eltern die Aufwendungen für das behinderte Kind zu etwa gleichen Anteilen tragen. In Fällen, in denen der getrennt lebende Ehegatte nicht Elternteil des behinderten Kindes ist, ist diese Vorstellung nicht gerechtfertigt. Das rechtfertigt eine teleologische Reduktion dahin, dass in derartigen Fällen die Ehegatten eine andere als die hälftige Aufteilung des Behinderten-Pauschbetrages beanspruchen können.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 6, § 33b Abs. 5, § 26a
Streitjahr(e)
2005
Tatbestand
Nachdem der Beklagte, das Finanzamt (FA), der Klage durch Änderungsbescheid vom 19.03.2009 hinsichtlich der Berücksichtigung des Pflege-Pauschbetrags abgeholfen hat, ist noch die Berücksichtigung des vollen Behinderten-Pauschbetrags bei der Klägerin streitig.
Die Klägerin lebt dauernd getrennt von ihrem Ehemann und wurde im Streitjahr 2005 zur Einkommensteuer gem. § 26a EStG veranlagt. Der Ehemann ist nicht Vater des Kindes der Klägerin, das aufgrund einer Behinderung außerstand ist, sich selbst zu unterhalten (Grad der Behinderung 100 %, hilflos). In ihrer Einkommensteuererklärung beantragte die Klägerin u. a. die volle Übertragung des dem Kind zustehenden Behinderten-Pauschbetrags i.H.v. 3.700 Euro. Das FA berücksichtigte in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom 30.03.2006 nur den hälftigen Behinderten-Pauschbetrag. Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch machte die Klägerin geltend, dass der leibliche Vater im Ausland lebe und daher alle Kindervergünstigungen zu 100 % bei ihr zu berücksichtigen seien. Die Klägerin reichte Kopien eines spanischen Ausweises sowie der spanischen Geburtsurkunde des Kindes ein, wonach dieses am 25.06.1972 in Spanien geboren wurde. Als Vater des Kindes wird ein Spanier Herr XY genannt. Der Einspruch wurde mit der Begründung als unbegründet zurückgewiesen, dass die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung keine überprüfbaren Angaben zum Aufenthalt des Vaters vorgelegt habe.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage macht die Klägerin geltend, das FA habe verkannt, dass ihr jetziger Ehemann nicht der Vater des Kindes sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 2005 vom 30.03.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.05.2006 dahingehend abzuändern, dass weitere außergewöhnliche Belastungen i.H.v. 3.700 Euro berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zwar könne der Behinderten-Pauschbetrag voll auf die Klägerin übertragen werden, da der Kindesvater nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei. Bei getrennter Veranlagung sei aber nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 26a Abs. 2 S. 2 EStG der nach § 33b Abs. 5 EStG übertragbare Pauschbetrag zwingend jedem Ehegatten, d.h. der Klägerin und ihrem Ehemann zur Hälfte zu gewähren.
Nach Ansicht der Klägerin kann der Behindertenpauschbetrag nicht an ihren Ehemann übertragen werden, da dieser nicht Vater des Kindes sei. Sie legte eine Zustimmung ihres Ehemanns zur Übertragung des vollen Behindertenpauschbetrags vor.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO)).
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FA hat zu Unrecht nur den hälftigen Behindertenpauschbetrag bei der Klägerin berücksichtigt.
1. Nach § 33b Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) wird der Behinderten-Pauschbetrag, der einem Kind zusteht, für das der Steuerpflichtige einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld (§§ 62 ff. EStG) erhält, auf Antrag auf den Steuerpflichtigen übertragen, wenn ihn das Kind nicht in Anspruch nimmt. Dabei ist der Pauschbetrag grundsätzlich auf beide Elternteile je zur Hälfte aufzuteilen (§ 33b Abs. 5 Satz 2 EStG), wobei auf deren gemeinsamen Antrag eine andere Aufteilung, zum Beispiel die volle Inanspruchnahme durch nur einen Elternteil möglich ist (§ 33b Abs. 5 Satz 3 EStG).
Das FA hat zu Recht angenommen, dass danach der Behinderten-Pauschbetrag voll auf die Klägerin zu übertragen ist. Denn wenn der andere Elternteil nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, kann der Pauschbetrag nach § 33 b Abs. 5 ESt...