Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung vergeblicher Aufwendungen für den Verfall von Optionsrechten als Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
- Verfällt eine Kaufoption auf Aktien mangels Ausübung, so können die vergeblichen Aufwendungen für den Verfall der Optionsrechte im Rahmen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG als Werbungskosten geltend gemacht werden.
- Die vorgenannte Regelung verlangt – anders als die Nrn. 1 bis 3 in § 23 EStG – nicht, dass der Stpfl. einen Gewinn/Verlust durch Verwertung am Markt realisiert. Auch bei dem Verfall der Option liegt daher ein Veräußerungsgeschäft vor.
Normenkette
EStG §§ 10d, 23
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Anschaffungskosten für nicht eingelöste Aktienoptionen als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften abziehbar sind.
Der Kläger erwarb im Veranlagungszeitraum 2002 Optionen zum Kauf diverser Aktien. Von diesen übte er einige nicht aus, so dass diese verfielen. Im Einzelnen waren dies:
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Anzahl |
Anschaffungskosten |
Daimler Chrysler |
2.000 |
8.629,69 € |
Allianz |
350 |
3.653,96 € |
Deutsche Bank |
1.700 |
7.080,08 € |
RWE |
5.900 |
5.987,32 € |
Bayer |
6.500 |
10.690,56 € |
Commerzbank |
12.000 |
9.777,60 € |
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45.819,21 € |
Die Optionen verfielen Ende des Streitjahres, bis auf die Optionsrechte auf Aktien der Commerzbank, die erst im Jahre 2003 (21. März 2003) verfielen.
Der Kläger machte die Aufwendungen für den Erwerb der verfallenen Optionsrechte als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 23 EStG geltend. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nicht zum Abzug an und erließ im Januar 2004 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags auf den 31.12.2002, in dem es die Anschaffungskosten für die nicht ausgeübten Optionsrechte nicht berücksichtigte. Hiergegen richtet nach erfolglosem Einspruch die Klage.
Der Kläger ist der Auffassung, der Verfall von nicht ausgeübten Optionen führe in Höhe der Anschaffungskosten zu Werbungskosten bei den Einkünften gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG. Entgegen der Auffassung des Beklagten erziele ein Steuerpflichtiger bei Nichtausübung einer Option steuerliche Einkünfte. Auch insoweit habe der Kläger etwas – wie der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG voraussetze – „erlangt”. Die hiervon abweichende Auffassung des Finanzamts stehe im Widerspruch zur Begründung der Vorschrift, sie verstoße zudem gegen die bestehende Symmetrie bei der Erfassung von Überschüssen und verletze überdies den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Schon der Wortlaut des Gesetzes spreche für seine Auffassung, da hiernach die Wertdifferenz zwischen Erwerb und „Beendigung” des Optionsrechts zu besteuern sei. Aufwendungen zum Erwerb eines Rechts auf einen Differenzausgleich seien nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG stets abzugsfähig, ohne dass entscheidend sei, ob das jeweilige Recht durch Verfall oder Veräußerung „beendet” werde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften um 45.820 € zu erhöhen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und ist weiterhin der Auffassung, ein Anspruch auf Berücksichtigung von höheren Verlusten bestehe nicht. Der Kläger habe keinen Differenzausgleich, Geldbetrag oder sonstigen Vorteile „erlangt”. Der Steuerpflichtige müsse nach dem Gesetzeswortlauf tatsächlich etwas bekommen haben. Daran fehle es aber bei ausgelaufenen Optionen, die am letzten Tag der Laufzeit schlicht wertlos würden.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Steuerakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht einen durch Verfall der Optionsrechte entstanden Verlust in Höhe von 36.042 € nicht bei der Verlustfeststellung berücksichtigt.
Der Kläger hat im Schriftsatz vom 13.05.2005 allerdings beantragt, den festzustellenden Verlust in Höhe von 23.578 € um 45.819 € auf einen Betrag von nur 69.398 € zu erhöhen. Er ging dabei versehentlich von dem im Bescheid vom 08.01.2004 festgestellten Verlust aus (23.578 €). Der zuletzt durch Änderungsbescheid vom 16.06.2005 festgestellte Verlust betrug indes 31.993 €, so dass der Antrag bei verständiger Würdigung so auszulegen war, dass der bisher festgestellte Verlust (von 31.993 €) um 45.819 € erhöht werden soll.
Der Verfall der Optionsrechte führte im Streitfall zu gesondert feststellbaren Verlusten i.S.v. § 23 EStG. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der Fassung der Streitjahre sind nämlich Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, zu besteuern, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts nicht mehr als ein Jahr betrug.
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