Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: Ausbildungseinheit bei Ausbildung zum Elektroniker und späterer Weiterbildung zum Industriemeister Elektrotechnik?
Leitsatz (redaktionell)
- Zu der Frage, ob bereits ein erster berufsqualifizierender Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsausgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt.
- Bei einer mehraktigen Ausbildung kann auch der nachfolgende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang Teil der Erstausbildung sein, sofern sich der erste Abschluss als integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs darstellt.
- Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen.
- Wird nach einer Ausbildung zum Elektroniker erst neun Monate eine Weiterbildung zum Industriemeister Elektrotechnik begonnen, ist keine Ausbildungseinheit gegeben, wenn der zweite Ausbildungsabschnitt eine berufspraktische Erfahrung nach Abschluss der Erstausbildung voraussetzt, die Klammer zwischen den beiden Ausbildungsabschnitten nicht durch den Anbieter des Ausbildungsganges, sondern durch das Kind selbst gesetzt wird und es aufgrund objektiver Beweisanzeichen nicht erkennbar ist, dass das in der Zwischenzeit voll erwerbstätige Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten Abschluss beendet hat.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
2016, 2017
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin ab Dezember 2016 Kindergeld für ihr Kind A zu gewähren ist.
A, geboren 1993, bestand im Februar 2016 in B die Prüfung im Ausbildungsberuf „Elektroniker” in der Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik. Ab Ende Februar 2016 wurde A von seinem Ausbildungsbetrieb in B als Arbeitnehmer übernommen mit einer vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden. Seit Dezember 2016 besucht A den Abendlehrgang „Industriemeister Elektrotechnik IHK” der Y in deren Bildungszentrum in B. Der Lehrgang wird bis November 2018 andauern.
Mit Bescheid vom 9. Februar 2016 hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergeldes für A ab dem Monat März 2016 auf und begründete dies mit dem Ende seiner Berufsausbildung im Monat Februar 2016. Ein Kindergeldanspruch bestehe bis zum Ende der vertraglich vereinbarten Ausbildungszeit.
Die Klägerin stellte mit Schreiben vom 25. Februar 2017 bei der Beklagten einen Antrag auf Kindergeld für A ab Dezember 2016. In ihrem Anschreiben an die beklagte Familienkasse führte die Klägerin aus, A habe das von ihm angestrebte Berufsziel mit der Ausbildung zum Elektroniker in der Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik noch nicht erreicht. Er habe die Gesellenprüfung im Februar 2016 abgelegt, um im Anschluss hieran den Meisterkurs „Industriemeister Elektrotechnik” zu belegen. Der Meisterkurs ab Dezember 2016 sei der erste angebotene Kurs dieser Fachrichtung nach Ablegung der Gesellenprüfung. Damit sei ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang im Sinne einer mehraktigen Berufsausbildung gegeben. A befinde sich damit immer noch in der Erstausbildung, so dass die Arbeitszeit von über 20 Stunden unschädlich für den Kindergeldanspruch sei.
Laut Vermerk des Sachbearbeiters der Familienkasse habe ein Telefonat mit Y am 17. März 2017 ergeben, dass der von A besuchte Abendkurs nur an zwei Abenden pro Woche stattfinde. Lediglich eine Woche vor der Prüfung werde in Vollzeit unterrichtet. Mit dem Kurs habe bereits am im September 2016 in B begonnen werden können.
Mit Bescheid vom 17. März 2017 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Kindergeld ab dem Monat Dezember 2016 ab mit der Begründung, die Fortbildung ab Dezember 2016 sei keine Ausbildung im Sinne des Einkommensteuergesetzes -EStG-.
Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 23. März 2017 Einspruch ein. Der Besuch des Meisterkurses sei eine Ausbildung im Sinne von § 32 EStG. Eine weiterführende Ausbildung könne als Teil der Erstausbildung anzusehen sein, wenn objektive Beweisanzeichen dafür erkennbar seien, dass das Kind sein angestrebtes Berufsziel noch nicht erreicht habe. A habe den ersten sich anbietenden Meisterkurs im Dezember 2016 begonnen, um sein angestrebtes Berufsziel, Meister der Elektrotechnik, zu verwirklichen. Zu einem früheren Zeitpunkt sei der Lehrgang in B nach Angaben der Y nicht angeboten worden. Es bestehe ein enger sachlicher Zusammenhang der weiterführenden Ausbildung mit dem ersten Teil der Ausbildung als Elektroniker. Eine Beschäftigung von über 20 Stunden pro Woche könne nicht schädlich sein für den Kindergeldanspruch, da hier noch keine abgeschlossene Berufsausbildung vorliege.
Während des Einspruchsverfahrens forderte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 30. März 2017 dazu auf, weitere Nachweise und Unterlagen zu der Bildungsmaßnahme des Kindes einzureichen. Die Beklagte bat um Mitteilung, ob...