Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessungsgrundlage für Wärmeabgabe bei einer Biogasanlage an andere Unternehmer
Leitsatz (redaktionell)
- Der sog. KWK-Bonus, den der Stromnetzbetreiber an den Betreiber einer Biogasanlage zahlt, ist nicht als Entgelt von dritter Seite i.S. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG für die ”kostenlose“ Wärmeabgabe des Betreibers an andere Abnehmer zu beurteilen. Es handelt sich dabei vielmehr um eine Vergütung des Stromnetzbetreibers für an ihn gelieferten Strom.
- Auf einen fiktiven Einkaufspreis bei selbst produzierten Gegenständen wie Wärme kann im Rahmen des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nur abgestellt werden, wenn es dem Unternehmer möglich war, diesen oder einen gleichartigen Gegenstand (d.h. Wärme) einzukaufen bzw. anderweitig zu beschaffen. Dies ist in Wärmelieferfällen etwa dann der Fall, wenn der Unternehmer an ein Fernwärmenetz angeschlossen ist.
- Ist ein (fiktiver) Einkaufspreis nicht feststellbar, sind die Selbstkosten als Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG anzusetzen. Eine Rechtsgrundlage, die unentgeltliche Wärmeabgabe stattdessen aus Vereinfachungsgründen nach dem bundesweit einheitlichen durchschnittlichen Fernwärmepreis des jeweiligen Vorjahres auf der Basis der jährlichen Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zu bemessen, gibt es nicht.
- Bei der Bestimmung der Selbstkosten ist nicht die sog. energetische Aufteilungsmethode, sondern die sog. Marktwertmethode anzuwenden, wonach die gesamten Selbstkosten nach demjenigen Schlüssel auf Wärme und Strom aufzuteilen sind, der dem Verhältnis der Marktpreise der produzierten Wärmmenge zur produzierten Strommenge entspricht. Dass der Betreiber der Biosgasanlage nicht an ein Fernwärmenetz angeschlossen war, ist dabei nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 S. 3, Abs. 4 S. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist im 2. Rechtsgang, ob und zu welcher Bemessungsgrundlage die Wärmeabgabe an andere Unternehmer trotz Zahlung eines sogenannten KWK-Bonus durch einen Netzbetreiber zu einer unentgeltlichen Wertabgabe führt.
Die Klägerin betreibt eine Biogasanlage zur Erzeugung von Biogas aus Biomasse in xxx im Landkreis xxx. Das erzeugte Biogas wird zur dezentralen Strom- und Wärmeproduktion in einem angeschlossenen Blockheizkraftwerk genutzt, indem es einem Verbrennungsmotor zugeführt wird, der einen Generator antreibt. Der so produzierte Strom wird überwiegend ins Netz eingespeist und nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2004) i.d.F. vom 7. November 2006 (BGBl I 2006, 2550) von dem Stromnetzbetreiber vergütet. Die dabei ebenfalls erzeugte Wärme dient zu einem Teil dem Produktionsprozess. Der überwiegende Teil der Wärme steht für andere Zwecke zur Verfügung oder bleibt ungenutzt. An ein Fernwärmenetz, über welches die Klägerin ihrerseits Wärme hätte beziehen können, war diese im Streitjahr nicht angeschlossen.
Die Klägerin überließ überschüssige Wärme im Streitjahr ”kostenlos“ mit Vertrag vom 29. November 2007 dem Unternehmer xxx zur Trocknung von Holz in Containern und mit Vertrag vom 29. Juli 2008 an die xxx GbR, die mit der Wärme ihre Spargelfelder beheizt. In beiden Verträgen ist geregelt, dass die Höhe der Vergütung je nach wirtschaftlicher Lage des Wärmeabnehmers individuell vereinbart und in den Verträgen nicht festgelegt werde. In den Verträgen ist außerdem geregelt, dass die Wärmeübergabe an der dafür vorgesehenen Schnittstelle der Rohrleitung zum Wärmetauscher der Trocknung erfolgt. Der Wärmeabnehmer ist für die Installation des Leitungsnetzes und eines eigenen Wärmetauschers zuständig und trägt auch deren Kosten.
Im Streitjahr erhielt die Klägerin für ihre Stromlieferung von 6.714.247 kWh von ihrem Stromnetzbetreiber neben der sog. Mindestvergütung nach § 8 EEG in Höhe von 1.054.337,85 € einen Erhöhungsbetrag nach § 8 Abs. 3 EEG (sog. KWK-Bonus), weil es sich bei dem von ihr erzeugten Strom um Strom i.S. von § 3 Abs. 4 des Gesetzes für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) i.d.F. vom 19. März 2002 (BGBl I 2002, 1092) handelte. Auch dieser KWK-Bonus in Höhe von 85.070,66 € wurde entsprechend der Umsatzsteuererklärung der Klägerin vom FA in die Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Umsätze einbezogen.
Da die Klägerin den Wärmeabnehmern kein Entgelt in Rechnung stellte, ging der Betriebsprüfer von einer unentgeltlichen Zuwendung seitens der Klägerin i.S. des § 3 Abs. 1 b Nr. 3 UStG aus. Den von der Klägerin von ihrem Stromnetzbetreiber erhaltenen KWK-Bonus sah er nicht als Entgelt eines Dritten nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG an. Mangels eines Einkaufspreises berechnete er die Bemessungsgrundlage für die Wertabgaben nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nach den Selbstkosten.
Von den in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) aufgeführten Gesamtkosten in Höhe von 1.104.45...