Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage gegen den Einspruchsbescheid
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen einer Fortsetzungsfeststellungsklage.
- Eine Fortsetzungsfeststellungsklage erfordert es, die Voraussetzungen für das besondere Feststellungsinteresse bis zum Ende der mündlichen Verhandlung vor dem FG substantiiert darzulegen.
- Die drohende Schätzung für Folgejahre wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen begründet kein Feststellungsinteresse.
Normenkette
FGO § 100 Abs. 1 S. 4
Streitjahr(e)
2005
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit eines Steuerbescheids.
Da der Kläger zunächst eine Umsatzsteuererklärung nicht abgab, schätzte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die Besteuerungsgrundlagen. Er orientierte sich an den Daten der abgegebenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen (Umsatz 4.556,23 €, Vorsteuer 3.012,66 €) und setzte den Umsatz unter Berücksichtigung eines Unsicherheitszuschlags mit 6.250 € und die Vorsteuer mit 1.000 € an. Ein Vorsteuerübergang ergab sich nicht; die festgesetzte Steuer betrug 0 €. Der Bescheid datierte vom 5. März 2007.
Mit seinem Einspruch bat der Kläger um die Angabe der Schätzungsgrundlagen und um Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Mit Einspruchsbescheid vom 16. Mai 2007 wies das FA den Einspruch mit der Begründung zurück, der Kläger habe den Einspruch nicht begründet und auch keine Steuererklärung abgegeben.
Der Kläger hat Klage erhoben. Er hat ursprünglich beantragt, den Einspruchsbescheid, hilfsweise die Umsatzsteuerfestsetzung aufzuheben, damit das FA eine neue Entscheidung treffen könne (Schriftsatz vom 3. September 2007). Das FA habe die „Unterlagen der Besteuerung” nicht mitgeteilt. Eine Entscheidung über die Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung sei nicht ergangen; insofern habe das FA die gebotene Ermessensentscheidung nicht getroffen. Die Schätzung sei in Anbetracht der Angaben in den Voranmeldungen überzogen und wegen objektiver Willkür nichtig. Abgesehen davon habe das FA nicht die Besteuerungsgrundlagen, sondern zur Vermeidung des Vorsteuerüberhangs die Steuer geschätzt.
Innerhalb der ihm gem. § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzten Frist hat der Kläger auf den schriftlich gestellten Klageantrag und die Begründung verwiesen.
Aufgrund der am 20. März 2008 bei dem FA eingegangenen Steuererklärung hat das FA unter dem 2. Juni 2008 einen Änderungsbescheid erlassen, wobei es die vom Kläger angegebenen Besteuerungsgrundlagen übernommen hat. Es ergibt sich ein Vorsteuerüberhang von 2.927,10 €. Das FA hat das Klageverfahren für in der Hauptschache erledigt erklärt.
Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt, die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage fortzuführen (Schriftsatz vom 15. September 2008). In der mündlichen Verhandlung trägt er vor, er beabsichtigte die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gegen das FA und diesbezüglich die Beauftragung eines Rechtsanwalts. Der Rechtsanwalt habe erklärt, ohne eine finanzgerichtliche Entscheidung biete der Schadensersatzanspruch keine Aussicht auf Erfolg. Es solle ein Zinsschaden in Höhe von ca. 100 € geltend gemacht werden, der aus der Überziehung des Geschäftskontos herrühre. Im Übrigen bestehe Wiederholungsgefahr, weil der erkrankte Kläger die Steuererklärung für 2006 noch nicht abgegeben habe.
Der Kläger beantragt,
die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einspruchsbescheids vom 5. April 2007, hilfsweise die Feststellung der Nichtigkeit des Umsatzsteuerbescheids vom 5. März 2007.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA ist der Auffassung, die ursprüngliche Schätzung sei berechtigt gewesen. Weil der Kläger letztmalig für 2002 eine Steuererklärung abgegeben habe, sei eine Schätzung, die zur Vermeidung eines Vorsteuerüberhangs führe, rechtlich nicht zu beanstanden. Eine Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung sei zwar zulässig, im Fall des Klägers aber nicht geboten gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage kann mit ihren Hauptantrag aus prozessualen Gründen keinen Erfolg haben.
Die Angabe des Datums des Einspruchsbescheids im Klageantrag beruht auf einem Versehen des Gerichts; der Einspruchsbescheid datiert vom 16. Mai 2007.
Der Kläger will die Klage mit dem Hauptantrag als Fortsetzungsfeststellungsklage verstanden wissen. Der Übergang von der Anfechtungsklage zur Fortsetzungsfeststellungsklage ist gem. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO zulässig, wenn sich der mit der Klage angegriffene Verwaltungsakt erledigt und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts hat. Gegenstand der Anfechtungsklage war der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Einspruchsentscheidung gefunden hat (§ 44 Abs. 2 FGO). Eine allein gegen den Einspruchsbescheid gerichtete Anfechtungsklage ist nur zulässig, wenn der Einspruchsbescheid eine selbstständige Beschwer enthält (isolierte Anfec...