Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskünfte gegenüber Außenprüfer und Verwertungsverbot
Leitsatz (redaktionell)
- Für die Abgrenzung einer Außenprüfung von sonstigen Ermittlungsmaßnahmen nach §§ 88 ff. AO ist maßgeblich, ob die Ermittlungen auf eine umfassende und zusammenhängende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen angelegt sind.
- Im Allgemeinen ist davon auszugehen, dass die Ermittlungsmaßnahmen des Außenprüfers Prüfungshandlungen sind.
- Erteilt ein Stpfl. einem Außenprüfer zu einem isolierten Sachverhalt außerhalb des Prüfungszeitraums in Kenntnis der insoweit fehlenden Prüfungsanordnung Auskünfte und werden diese später vom Innendienst des Finanzamt ausgewertet, liegt eine zulässige Einzelermittlungsmaßnahme vor. Ein Verwertungsverbot besteht insoweit nicht.
- Solange die Möglichkeit einer Änderung nach einer Änderungsvorschrift vom Finanzamt bejaht wird, kann die Finanzbehörde noch ermitteln.
- Das Finanzamt ist auch dann befugt, einen Steuerbescheid gem. § 174 Abs. 2 AO zu ändern, wenn die unzutreffende Darstellung des Sachverhalts in der Steuererklärung im Rahmen der Veranlagungsarbeiten hätte aufdeckt werden können.
Normenkette
AO § 88 Abs. 1, § 90 Abs. 1, § 93 Abs. 1, § 174 Abs. 2, § 193
Streitjahr(e)
1992
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Einkommensteuerbescheid 1992 noch geändert werden durfte.
Die Kläger sind Ehegatten, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger ist Apotheker. Er ermittelt seinen Gewinn nach § 5 Abs. 1 EStG.
Für die Jahre 1988 bis 1990 fand bei dem Kläger eine Außenprüfung statt. Der Prüfer versagte nach § 15a UStG die Abzugsfähigkeit von Vorsteuer in Höhe von DM 43.512,21, die im Rahmen der Erstellung der Apotheke abgezogen worden war. Dies erfolgte, weil der Kläger im Kalenderjahr 1989 die Apotheke aus dem Betriebsvermögen entnommen und auf die Klägerin unentgeltlich übertragen hatte. In dem Textteil des Prüfungsberichts ist vermerkt, dass die zu berichtigende Vorsteuer die Herstellungskosten der Apotheke erhöhen würde. Aus der Mehr-Weniger-Rechnung des Prüfungsberichts ergibt sich, dass die nicht abzugsfähige Vorsteuer im Veranlagungszeitraum 1989 zu einer Gewinnminderung in Höhe von DM 43.512,21 geführt hat.
In der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 1992 berücksichtigte der Kläger den Betrag von DM 43.512,21 erneut als Aufwandsposten und bezeichnete ihn als „Vorsteuer aufgrund Ap”. Der Beklagte änderte den Gewinn insoweit nicht. Der Einkommensteuerbescheid 1992 vom xx.xx 1994 wurde – mit Ausnahme einzelner vorläufiger Punkte – bestandskräftig.
Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 1993 bis 1995 fragte der Außenprüfer auch nach dem Posten „Vorsteuer aufgrund Ap” in der Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 1992. Nachdem der zugrunde liegende Sachverhalt ermittelt worden war, übersandte der Außenprüfer einen Vermerk an die Veranlagungsstelle mit der Bitte um Prüfung und der Bemerkung, dass eine Erweiterung des Prüfungszeitraums auf das Jahr 1992 nicht zulässig sei. In dem Bericht des Außenprüfers sind keine Feststellungen bezüglich der Einkommensteuer 1992 enthalten.
Mit Bescheid vom xx.xx 1997 wurde der Einkommensteuerbescheid 1992 nach § 174 Abs. 2 AO geändert und der Gewinn entsprechend erhöht. Mit am xx.xx 1997 eingegangenem Schreiben legte die Kläger Einspruch ein, der mit Einspruchsbescheid vom xx.xx 1998 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Hiergegen erhoben die Kläger mit am xx.xx 1998 eingegangenem Schreiben Klage.
Die Kläger tragen vor, dass ein Verwertungsverbot bestehe, da die Kenntnis von der Doppelerfassung ohne Prüfungsanordnung für 1992 erlangt worden sei. Die von dem Prüfer geäußerte Frage sei zunächst unter Hinweis auf den Prüfungszeitraum nicht beantwortet worden. Erst als der Prüfer erklärt habe, dass eine entsprechende Prüfungserweiterung erfolgen würde, sei eine Antwort gegeben worden. Der Außenprüfer habe keinen Hinweis dahingehend erteilt, dass die Auskünfte nicht mehr im Zusammenhang mit der Prüfung gestanden hätten. Die Ermittlungen seien als Teil einer noch zu erweiternden Prüfung dargestellt worden. Da der Bescheid 1992 bestandskräftig sei, sei das Verwertungsverbot auch zu beachten.
Das Verwertungsverbot ergebe sich auch daraus, dass das Auskunftsverlangen des Prüfers ein Verwaltungsakt sei, der nicht an die richtige Person adressiert und damit rechtswidrig bzw. nichtig sei.
§ 174 Abs. 2 AO sein nicht anwendbar, da der Kläger den Sachverhalt nicht objektiv falsch dargestellt habe. In der Gewinn- und Verlustrechnung 1992 sei die gebuchte Vorsteuer explizit ausgewiesen worden, um auf die Besonderheit der Aufwandsposition hinzuweisen. Die Übernahme von Rechtsfehlern des Klägers stelle keinen Fall des § 174 Abs. 2 AO dar.
Dem Beklagten sei die überwiegende Mitverursachung für die widerstreitende Steuerfestsetzung anzulasten. Im Prüfungsbericht für das Jahr 1989 sei die Aussage getroffen worden, dass durch die berichtigte Vorsteuer die Herstellungskosten...