Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte
- Grundfall der regelmäßigen Arbeitsstätte ist die auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegte Arbeitsstätte, auf deren immer gleiche Wege sich der ArbN in unterschiedlicher Weise einstellen und auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken kann.
- Eine auf 3 Jahre befristete Abordnung/Versetzung an die Landesfinanzschule Niedersachsen führt dazu, dass diese als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen ist.
- Das hat zur Folge, dass Fahrtkosten zwischen der Wohnung und dieser Arbeitsstelle nur begrenzt als WK i.R.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG abgezogen werden können.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 4
Streitjahr(e)
1996, 1997
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Fahrten zwischen Wohnung und Dienststelle steuerlich im Rahmen der Entfernungspauschale oder nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen sind.
Der Kläger ist Finanzbeamter. Aufgrund eines Schreibens der Oberfinanzdirektion Hannover vom 27. Juli 1993 wurde er mit Wirkung vom 1. August 1993 vom Finanzamt Göttingen an die Landesfinanzschule Niedersachsen in Bad Eilsen abgeordnet. Der dortige Einsatz wurde „bis längstens 31. Juli 1996 befristet”. Mit Schreiben vom 22. Oktober 1993 wurde der Kläger „aus dienstlichen Gründen mit Wirkung vom 1. November 1993 vom Finanzamt Göttingen an die Landesfinanzschule Niedersachsen” versetzt. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass „nach derzeitigem Stand eine Verwendung bei der Landesfinanzschule Niedersachsen bis zum 31. Juli 1996 vorgesehen” sei.
Mit Schreiben vom 22. Mai 1997 bestätigte die Oberfinanzdirektion Hannover, dass der Kläger mit Wirkung vom 1. April 1997 für die Dauer von drei Monaten von der Landesfinanzschule Niedersachsen an das Finanzamt Göttingen abgeordnet worden sei und beabsichtigt werde, ihn mit sofortiger Wirkung dorthin zu versetzen.
In ihrer Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1996 und 1997 erklärten die Kläger Fahrten des Klägers an 136 Tagen zwischen der Wohnung in Göttingen und der Landesfinanzschule Niedersachsen in Bad Eilsen für 138 Entfernungskilometern als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für das Jahr 1996 erklärungsgemäß durch Bescheid vom 16. April 1997 unter Vorbehalt der Nachprüfung fest. Hiergegen wandten sich die Kläger mit Einsprüchen. Mit Bescheid vom 16. Juni 1997 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.
Der Bescheid über Einkommensteuer für 1997 erging am 27. Januar 1999 und wurde ebenfalls mit einem Einspruch angefochten. Am 30. Juli 1999 erging ein Änderungsbescheid. Der Einspruch wurde insoweit aufrecht erhalten.
Im Laufe der Einspruchsverfahren brachten die Kläger erstmalig vor, nach einer Änderung der Lohnsteuerrichtlinien seien die Fahrtkosten des Klägers zur Landesfinanzschule nicht als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, sondern als Reisekosten zu behandeln.
Mit Einspruchsbescheid vom 25. Juli 2011 wies der Beklagte die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück.
Hiergegen haben die Kläger am 24. August 2011 Klage erhoben.
Mit der Abordnung an die Landesfinanzschule liege eine beruflich veranlasste Auswärtstätigkeit vor. Der Kläger sei zeitlich befristet bis zum Juli 1997 an die Landesfinanzschule abgeordnet worden. Damit stelle das Finanzamt Göttingen und nicht diese seine regelmäßige Arbeitsstätte dar, so dass die Fahrtkosten nach Reisekostengrundsätzen zu berücksichtigen seien. Dabei seien 0,59 DM pro Kilometer Fahrtstrecke anzusetzen, mithin also für 1996 (136 Tage x 138 km x 0,59 DM/km =) 22.146,24 DM und für 1997 (48 Tage x 276 km x 0,59 DM/km =) 7.816,32 DM. Der Kilometersatz von 0,59 DM/km sei im Rahmen der bisherigen Veranlagung für das Jahr 1996 nachgewiesen und anerkannt worden.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
1. unter Änderung des Bescheides über Einkommensteuer für das Jahr 1996 vom 16. April 1997 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 25. Juli 2011 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung von Reisekosten in Höhe von 22.146,24 DM statt bisher Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 13.137,60 DM zu berücksichtigen,
2. unter Änderung des Bescheides über Einkommensteuer für das Jahr 1997 vom 27. Januar 1999 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 25. Juli 2011 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung zusätzlicher Reisekosten in Höhe von 7.816,32 DM statt bisher Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 4.636,80 DM zu berücksichtigen,
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, die Landesfinanzschule stelle die regelmäßige Arbeitsstätte für den Kläger dar. Für die Beurteilung sei es nicht entscheidend, dass die Personalmaßnahme zur Versetzung zeitlich befristet gewesen sei. Die Kläger hätten sich auch darauf einrichten können, dass der Kläger „dauerhaft” an der L...