vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Kürzung der einbehaltenen Lohnsteuer nach § 41a Abs. 4 EStG bei Einschiffsgesellschaften – Einschiffsgesellschaft als Arbeitgeber
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Inanspruchnahme des Kürzungsbetrages nach § 41a Abs. 4 EStG.
- Ist als Arbeitgeberin die jeweilige Einschiffsgesellschaft anzusehen, so kann § 41a Abs. 4 EStG nur in Anspruch genommen werden, wenn das betreffende Besatzungsmitglied auf dem von der Einschiffsgesellschaft betriebenen Schiff in einem zusammenhängenden Arbeitsverhältnis mehr als 183 Tage durchgehend beschäftigt war.
- Eine Zusammenrechnung mit Zeiten, die ein Besatzungsmitglied als Springer oder Aushilfskraft auf einem von einer anderen Einschiffsgesellschaft betriebenen Schiff tätig ist, ist auch dann nicht möglich, wenn es sich um Schwestergesellschaften handelt.
- Für die Frage, welche Parteien ein Heuerverhältnis abgeschlossen haben, kommt es entscheidend auf die Angaben des Heuerscheins an.
Normenkette
EStG § 41a Abs. 4
Streitjahr(e)
2000, 2001, 2002, 2003, 2004
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung des § 41a Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG).
Die Klägerin betreibt das im deutschen Seeschiffsregister (Nr. __ - Amtsgericht __) eingetragene Frachtmotorschiff (Containerschiff) MS „W” unter deutscher Flagge in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (MS „W” KG - KG), einer sog. Einschiffsgesellschaft.
Bis zum 31. Dezember 2001 war ihr Komplementär W für die Bereederung des Schiffs in seiner Eigenschaft als Komplementär zuständig. Mit Wirkung zum 1. Januar 2002 übertrug die KG die Bereederungsaufgaben sodann auf die neu gegründete B GmbH & Co. KG (Bereederungs-KG) als „Vertragsreeder”. Kommanditist der Bereederungs-KG und zugleich Geschäftsführer deren Komplementärin, der S GmbH, ist wiederum W. Die Bereederungs-KG erwarb zudem mit Wirkung zum 1. Januar 2002 einen Anteil in Höhe von nominal __ DM (0,008 %) von dem Komplementäranteil des W (__ DM) an der KG.
Der Bereederungsvertrag vom 21. Januar 2002 lautet auszugsweise wie folgt:
§ 2
1. Der Vertragsreeder nimmt im Namen der Gesellschaft oder im eigenen Namen alle Geschäfte und Rechtshandlungen vor, die der Geschäftsbetrieb der Reederei gewöhnlich mit sich bringt und welche im Interesse der Reederei erforderlich sind und bis dahin vom Komplementär der MS W KG (W) persönlich ausgeübt worden sind. Ihm obliegt insbesondere:
…
b) die Versorgung des Schiffes mit erforderlichem Proviant und Bunker, den notwendigen Ausrüstungsgegenständen sowie Bemannung;
…
§ 6
1. Der Vertragsreeder erhält für die Bereederung des Schiffs von der Gesellschaft eine Vergütung in Höhe von __ % der nach handelsrechtlichen Vorschriften abgegrenzten Bruttofrachterträge einschließlich verdienter Hilfslöhne und Bergungsmaßnahmen (…) oder Pooleinnahmen sowie der Versicherungsentschädigung für Zeitausfälle.
2. Die Kosten für …, die Heuerabrechnungen, … gehen zu Lasten der Gesellschaft.
…
Neben seiner Beteiligung an der „W” ist W auch Komplementär von weiteren Einschiffgesellschaften – der MS „C” KG, der MS „S” KG und der MS „A” KG – die ebenfalls Schiffe unter deutscher Flagge unterhalten. Auch diese Schwestergesellschaften schlossen entsprechende Bereederungsverträge mit der Bereederungs-KG. Die Bereederungs-KG ist an diesen Gesellschaften seit dem 1. Januar 2002 ebenfalls als Komplementärin wie folgt beteiligt:
|
W |
Bereederungs-KG |
MS „W" |
__ DM |
(99,992 %) |
__ DM |
(0,008 %) |
MS „C" |
__ DM |
(99,706 %) |
__ DM |
(0,294 %) |
MS „A" |
__ DM |
(99,886 %) |
__ DM |
(0,114 %) |
MS „S" |
__ DM |
(99,986 %) |
__ DM |
(0,014 %) |
Auch nach Abschluss des Bereederungsvertrags meldete die Klägerin unter Verwendung der ihr ursprünglich zugewiesenen Steuernummer (__) die Lohnsteuer in ihrem Namen gegenüber dem Beklagten (dem Finanzamt – FA) an. Entsprechend erfolgten die Meldungen zur See-Sozialversicherung unter Nennung der Klägerin bzw. der Schwestergesellschaften als jeweiliger Arbeitgeber und unter Verwendung unterschiedlicher Betriebsnummern. Die Heuerabrechnungen gegenüber den Arbeitnehmern erfolgten unter Verwendung eines für die jeweilige Einschiffsgesellschaft erteilten Zusatzes zur Personalnummer.
Anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung durch den Beklagten für den Zeitraum 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2004 stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin für die von ihr beschäftigten Seeleute bei der Abführung der Lohnsteuer den Kürzungsbetrag nach § 41a Abs. 4 EStG in Anspruch genommen hatte. Die vorgelegten Heuerscheine wiesen laut Stempel die Klägerin als Arbeitgeberin der Seeleute aus.
Der Prüfer stellte zum einen fest, dass einige der Besatzungsmitglieder generell im Jahr nicht mehr als 183 Tage an Bord (bezogen auf alle vier Schiffe) waren.
Zum anderen stellte der Prüfer fest, dass einige Seeleute nicht immer zusammenhängend mehr als 183 Tage an Bord der Klägerin waren. Tatsächlich wurden die Seeleute vielmehr auch auf den Schiffen MS „A”...