Entscheidungsstichwort (Thema)
Investitionszulage für Forschung und Entwicklung nur bei ausschließlicher Nutzung für begünstigte Zwecke. Das Tatbestandsmerkmal „ausschließlich” ist eng auszulegen. Investitionszulage gem. § 4 InvZulG 1986 für 1989
Tenor
Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen.
Tatbestand
Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Klägerin (Kl.) eine Investitionszulage für Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen gem. § 4 Investitionszulagengesetz (InvZulG) 1986 für das Streitjahr 1989 zusteht.
Die Kl. betreibt die Herstellung und den Vertrieb von Vliesstoffen, die insbesondere für die Herstellung von Babywindeln verwendet werden. Im Streitjahr investierte sie insgesamt 8.160.973 DM in ein Projekt zur Neu- und Weiterentwicklung von Erzeugnissen und Herstellungsverfahren i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 bb und cc Einkommensteuergesetz (EStG) und beantragte hierfür eine Investitionszulage gem. § 4 InvZulG 1986. Von den Gesamtinvestitionen entfielen dabei 5.383.281 DM auf eine sog. Pilotanlage. Das Finanzamt (FA) hatte zunächst Zweifel, ob die Voraussetzungen für die Gewährung einer Investitionszulage gem. § 4 InvZulG 1986 vorlagen. Es wurden deshalb zunächst die Feststellungen einer im Jahr 1993 durchgeführten Außenprüfung (Ap.) abgewartet. Nach den insoweit unstreitigen Feststellungen der Ap. ist der Dreijahreszeitraum für die streitigen Wirtschaftsgüter erfüllt (Bl. 25 des Bp.-Berichts vom 05.01.1993). Das FA gewährte jedoch dennoch keine Investitionszulage, da die Wirtschaftsgüter in dem maßgeblichen Dreijahreszeitraum nicht ausschließlich der Forschung und Entwicklung gedient hätten.
Nach den Feststellungen der Ap. diente die Pilotanlage mit einer Fertigungsbreite von 1 Meter an jeweils fünf Wochentagen (Montag bis Freitag) unmittelbar der Forschung und Entwicklung gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Neben dem Schwerpunkt Produktions- und Verarbeitungstechnologie wurde an neuen Produkten Problemlösungskonzepten sowie an neuen Erkenntnissen bezüglich der Rohmaterialien gearbeitet, über das Wochenende wurde von samstags sechs Uhr bis montags sechs Uhr die Pilotanlage weitergefahren, da das Abschalten der Anlage und die Wiederinbetriebnahme infolge des hierfür erforderlichen Zeitaufwandes von 20 bis 24 Stunden erhebliche Kosten im Personal- und Sachbereich verursacht hätte. Das Fertigungsprogramm am Wochenende umfaßte im wesentlichen die Herstellung von Produkten aus dem Forschungs- und Entwicklungsbereich, die entgeltlich an Kunden zur Erprobung geliefert wurden. Daneben wurden aber auch waren aus dem laufenden Programm hergestellt. Bedingt durch die Konstruktion der Pilotanlage, die entgegen der Kapazität von anderen Anlagen nur eine Fertigungsbreite von einem Meter hatte, konnten jedoch nur wenige Produkte der gesamten Produktpalette und hiervon auch nur kleinere lose gefertigt werden. Nach einer Kosten-Nutzen-Rechnung für die Wochenendproduktion ergab sich aufgrund des Verkaufs der Produkte nur eine geringfügige Unterdeckung von 265 DM je Wochenende (hierzu Berechnung in den Bp.-Arbeitsakten), die in keinem Verhältnis zu den Kosten des Abschaltens der Anlage gestanden hätte.
Das FA lehnte die Gewährung einer Investitionszulage auch unter Berücksichtigung der Ansicht des BFH-Urteils vom 24.01.1992 (BStBl II 1992, 427) ab, da eine Zwangsläufigkeit im Sinne des BFH-Urteils nicht erkennbar sei. Anders als in dem vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Fall sei hier für das Gelingen des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens die andere betriebliche Nutzung nicht Bedingung gewesen, bzw. habe sich nicht aus dem vorhaben selbst ergeben. Gründe personeller und ökonomischer Art, seien sie auch aus der Sicht des Investors noch so gewichtig, könnten das Tatbestandsmerkmal der „Ausschließlichkeit” nicht ersetzen. Die Kl. habe vielmehr, wie in dem vom BFH entschiedenen Fall, die auf der Pilotanlage hergestellten Produkte im normalen Geschäftsgang veräußert. Dieses sei gerade nicht zwangsläufig, so daß im Streitfall eine gemischte Nutzung und damit keine ausschließliche Nutzung zu Forschungs- und Entwicklungszwecken vorliege. Der verkauf der Produkte sei deshalb zulageschädlich.
Gegen den ablehnenden Bescheid legte die Kl. Einspruch und nachfolgend Klage ein.
Die Kl. meint, das FA verkenne, daß zur technischen Erprobung auch der Nachweis der Lauffähigkeit auf den Maschinen der Abnehmer gehöre. Erst hier habe definitiv festgestellt werden können, ob die Maßnahmen der Entwicklungsingenieure im Rahmen der Pilotproduktion technisch einwandfreie Produkte ergaben. Das FA interpretiere zudem das BFH-Urteil vom 24.01.1992, wonach ein mit einem Forschungsvorhaben zwangsläufig einhergehender zusätzlicher Nutzen nicht zulageschädlich sei, zu eng. Die Entscheidung könne nicht auf rein technisch-physikalische Zwänge eingeengt werden. Sinn und Zweck der Förderung nach § 4 InvZulG, sei vielmehr, die deutsche Wirtschaft in die Lage zu versetzen, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben selbst durchzuführen, um so die international...