Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 13.07.1995; Aktenzeichen 1 HK O 9160/94) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Nebenintervenientin wird das Endurteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13. Juli 1995 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die gegen ihn gerichte Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 DM, die auch durch selbstschuldnerische, unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer Großbank, einer Sparkasse des öffentlichen Rechts oder einer Volks- oder Raiffeisenbank mit Sitz in der Europäischen Union erbracht werden kann, abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Art und Höhe leistet.
IV. Die Beschwer des Klägers beträgt mehr als 60.000,00 DM.
Der Berufungsstreitwert wird auf
festgesetzt.
Tatbestand
Die Beklagte ist eine alteingesessene N. Großbrauerei und gehörte seit langem zum Bierimperium der Gebrüder M., R.. Aufgrund eines am 24. März 1986 geschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages wurde sie von ihrer Mehrheitsaktionärin, der E. K. Actienbrauerei AG (nachfolgend: E.) beherrscht; dieser Vertrag sah (neben einer Abfindungsmöglichkeit) eine jährliche Ausgleichszahlung für die außenstehenden Aktionäre gemäß § 304 AktG in Höhe von 3,00 DM pro Aktie vor. Die E. selbst war von der Gebr. M. AG beherrscht.
Seit spätestens 1994 befinden sich die Gebrüder M. in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die eine Veräußerung von Beteiligungen des Konzerns erforderlich machten. Dazu gehörte auch der von der E. gehaltene Aktienbesitz an der Beklagten, der mehr als 75 % des Grundkapitals in Höhe von 15,76 Mio. DM ausmachte. Dieses Aktienpaket, nämlich Stammaktien im Betrag von 11.916.000,00 DM und Vorzugsaktien im Betrag von 3.000,00 DM, erwarb mit Vertrag vom 24. Juni 1994 Dr. H. I., der geschäftsführende Gesellschafter der A. bräu-W. KG M., der bereits vorher die Mehrheit des Grundkapitals der P. Bräu AG in N. von dritter Seite gekauft hatte.
Mit Vertrag vom 23. Juni 1994 schlossen die Beklagte und die E. einen Vertrag zur Aufhebung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages vom 24. März 1986 mit Wirkung für den Ablauf des 30. September 1994.
Am 30. September 1994 fand eine außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten statt, in der gemäß § 286 Abs. 2 AktG (und entsprechend § 3 des Aufhebungsvertrages) ein Sonderbeschluß der außenstehenden Aktionäre zu dem Vertrag über die Aufhebung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages herbeigeführt werden sollte. Bei der Abstimmung hierüber waren vom Grundkapital der Beklagten im Nennbetrag von 15.760.000,00 DM Stammaktien im Nennbetrag von 13.771.050,00 DM mit 275.421 Stimmung, davon auf Dr. I. treffend Stammaktien im Nennbetrag von 11.916.000,00 DM mit 238.320 Stimmen, sowie Vorzugsaktien im Nennbetrag von insgesamt 3.000,00 DM mit insgesamt 3.000 Stimmen, sämtlich Dr. I. Gehörend, anwesend. Für die Aufhebung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages wurden 255.119 Ja-Stimmen abgegeben, davon 241.320 Stimmen des Dr. I.; gegen die Aufhebung wurden 20.339 Stimmen abgegeben; 2.963 Stimmen enthielten sich.
Als Versammlungsleiter stellte der Aufsichtsratsvorsitzende A. M. fest, daß der Zustimmungsbeschluß mit der erforderlichen Mehrheit von 3/4 gefaßt worden sei.
Der Kläger, der gegen die Aufhebung gestimmt hatte, ist der Auffassung, daß Dr. I. bei dem Sonderbeschluß nicht stimmberechtigt gewesen sei, die von ihm abgegebenen Stimmen somit hätten nicht mitgezählt werden dürfen mit der Folge, daß von den wirksam abgegebenen 37.101 Stimmen lediglich 13.799 Ja-Stimmen nicht die gemäß § 296 AktG erforderliche 3/4-Mehrheit ergeben hätten.
Mit seiner am 28. Oktober 1994 eingegangenen Klage hat der Kläger zum einen den festgestellten Beschluß angefochten mit dem Ziel, ihn für nichtig zu erklären, und zum anderen Feststellung begehrt, daß die Zustimmung gemäß § 296 Abs. 2 AktG nicht erteilt worden ist.
Hierzu hat er zunächst ausgeführt, daß Dr. I. als Mehrheitsaktionär nicht gleichzeitig außenstehender Aktionär sein kann, denn als Rechtsnachfolger des bisherigen Mehrheitsaktionäres habe er weder Anspruch auf Abfindung noch Anspruch auf Ausgleich aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag gehabt. Hinzu käme, daß Dr. I. wegen des Erwerbs von der E., die keine außenstehende Aktionärin gewesen sei, auch kein stimmrecht von dieser habe erwerben können. Nachdem durch die Aufhebung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages die E. von Verbindlichkeiten im Sinne des § 136 Abs. 1 Satz 1 AktG befreit werden sollte, hätte das stimmrecht aus der Aktienmehrheit der E. auch wegen § 136 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht durch Dr. I. ausgeübt werden können. Wenn man solches nicht schon den einzelnen Bestimmungen entnehmen wolle, ergebe sich dies aus dem...