Leitsatz
Die organschaftliche Zusammenfassung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bewirkt bei Anwendung des § 25 UStG, dass es sich nur bei den von Organgesellschaften mit eigenen Betriebsmitteln erbrachten Leistungen um Eigenleistungen handelt, während die durch Organgesellschaften von Dritten bezogenen Leistungen Reisevorleistungen sind, die in die Margenbesteuerung einzubeziehen sind.
Normenkette
§ 2 Abs. 2 Nr. 2, § 25 Abs. 2 UStG, Art. 26 Abs. 26. EG-RL (= EWGRL 388/77)
Sachverhalt
Die Klägerin war gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG Organträger der A-GmbH und der Z‐GmbH. Die A-GmbH erbrachte in den Streitjahren 2003 bis 2005 Reiseleistungen, auf die die Klägerin die Margenbesteuerung nach § 25 UStG anwendete. Dabei handelte es sich insbesondere um Reiseleistungen mit Flugbeförderungen zu ausländischen Zielorten. Die Flugbeförderungen erwarb die A-GmbH zivilrechtlich von der Z‐GmbH. Diese führte die Flugbeförderungen aus dem In- in das Ausland und zurück (Auslandsflüge) mit eigenen Personal- und Sachmitteln aus, schaltete aber in die Erbringung der inländischen Transfer- und Zubringerflüge (Inlandsflüge) andere Luftfahrtunternehmen ein.
Die Klägerin ging davon aus, dass bei der Margenbesteuerung die gesamte Flugbeförderung nicht zu berücksichtigen sei, da es sich insgesamt um Eigenleistungen des Organkreises gehandelt habe.
Im Anschluss an eine Außenprüfung war das FA demgegenüber der Auffassung, dass es sich bei den von der Z‐GmbH zugekauften Transfer- und Zubringerflügen um Reisevorleistungen gehandelt habe. Dies führte zu einer Minderung der von der Klägerin erklärten Eigenleistungen und zu einer Erhöhung der steuerpflichtigen Marge. Das FA änderte die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre entsprechend.
Einspruch und Klage zum FG hatten keinen Erfolg (Hessisches FG, Urteil vom 27.4.2017, 6 K 1668/14).
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Klageabweisung. Das FG habe zutreffend entschieden, dass die Klägerin bei der Margenbesteuerung nach § 25 UStG nicht berechtigt war, als Reisevorleistungen die Flugbeförderungsleistungen außer Betracht zu lassen, die ihre Organgesellschaft bei den Inlandsflügen von Dritten bezogen hat.
Hinweis
1.§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG führt zu einer Zusammenfassung von Organträger und Organgesellschaft zu einem Unternehmen. Der BFH behandelt dabei Organträger und Organgesellschaft wie Stammhaus und Betriebsstätte eines Unternehmens. Zwei Organgesellschaften verhalten sich dann wie zwei Betriebsstätten zueinander.
Die Einheitsbetrachtung zeigt sich nicht nur an der Zurechnung von Umsätzen zum Organträger, sondern auch beim Vorsteuerabzug. So kommt es für den Vorsteuerabzug des Organträgers auf die Verhältnisse des gesamten Organkreises an. Bezieht der Organträger eine Leistung, die er an eine Organgesellschaft weitergibt, bestimmt sich der Vorsteuerabzug nach der Verwendung der Leistung bei der Organgesellschaft.
Darüber hinaus beeinflusst die Behandlung als ein Unternehmen auch die steuerrechtliche Qualifikation der durch den Organkreis erbrachten Umsätze. Liefert der Organträger z.B. ein Grundstück, das durch die Organgesellschaft bebaut wird, führt die Behandlung als ein Unternehmen zu einer einheitlichen Leistung. Ebenso kommt es bei der Übertragung eines an eine Organgesellschaft vermieteten Grundstücks auf den Organträger nicht zu einer Geschäftsveräußerung, da der Organträger umsatzsteuerrechtlich keine Vermietungstätigkeit fortsetzt, sondern das Grundstück im Rahmen seines Unternehmens selbst nutzt.
2. Die umsatzsteuerrechtliche Wirkung der Organschaft ist auch im Rahmen von § 25 UStG zu beachten.
a) § 25 Abs. 3 UStG ordnet bei der Margenbesteuerung an, dass sich die sonstige Leistung bemisst nach dem Unterschied zwischen
- dem Betrag, den der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, und
- dem Betrag, den der Unternehmer für die Reisevorleistungen aufwendet.
Bei den Reisevorleistungen handelt es sich um die von Dritten gegen Entgelt bezogenen Fremdleistungen. Keine Anwendung findet die Margenbesteuerung danach auf Eigenvorleistungen.
b) Nach Maßgabe der organschaftlichen Zusammenfassung sind in die Margenbesteuerung eines Organträgers auch die Leistungen einzubeziehen, die ihre Organgesellschaften von Dritten bezogen haben. Durch die Weitergabe dieser Leistungen als innerorganschaftlicher Innenumsatz werden diese Fremdleistungsbezüge nicht zu Eigenleistungen im Rahmen der Margenbesteuerung.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 1.3.2018 – V R 23/17