Prof. Mag. Gerald Petz, Prof. Dr. Christoph Eisl
In der Literatur gibt es keine übereinstimmende Aussage, was unter einem digitalen Geschäftsmodell zu verstehen ist. Die bloße Erweiterung eines bestehenden Geschäftsmodells um eine digitale Komponente – bspw. die Online-Bestellmöglichkeit von Produkten – wird eher als eine Vorstufe gesehen und nicht als eigenständiges digitales Geschäftsmodell. Hoffmeister definiert digitale Geschäftsmodelle als "[…] Gestaltung von Beziehungen eines Leistungsanbieters zu Gruppen, mit denen über IP-basierte Netzwerke Leistungen und Gegenleistungen ausgetauscht werden. Die Leistungen können dabei vollständig digitale Leistungen sein oder sich auf nicht digitale Leistungen beziehen."
Um digitale Geschäftsmodelle von traditionellen Geschäftsmodellen besser abgrenzen zu können, werden folgende Merkmale vorgeschlagen:
- Einsatz von digitalen Technologien: Ohne den Einsatz von digitalen Technologien bzw. Internet- und mobilen Technologien wäre die Wertschöpfung und damit die Erstellung des Nutzenversprechens nicht möglich.
- Kundengewinnung und Vertrieb basieren auf digitalen Kanälen: Die Ansprache der potenziellen Kunden sowie der Vertrieb der Leistungen findet auf digitalen Kanälen statt. Insbesondere im Vertrieb treten Trends wie Vertriebsautomatisierung sowie digital unterstützte Prozesse zum Lead-Management auf.
- Zahlungsbereitschaft für digitale Services: Letztendlich müssen durch digitale Geschäftsmodelle auch Umsätze generiert werden, um die Kosten zu decken. Durch die digitalen Geschäftsmodelle soll also ein direkt oder indirekt monetarisierbarer Kundennutzen geschaffen werden.
Trotz der angeführten Merkmale ist eine trennscharfe Abgrenzung von traditionellen und digitalen Geschäftsmodellen nicht immer möglich. Typischerweise werden Muster für Geschäftsmodelle wie digitale Plattformen/Marktplätze, Shared Economy, Freemium-Modelle etc. als digitale Geschäftsmodelle eingestuft.
Im Kontext von digitalen Geschäftsmodellen tauchen auch immer wieder die Begriffe "digitale Ökosysteme" und "Plattformökonomie" auf. Für digitale Ökosysteme können in der Literatur zwei grundlegende Richtungen von Definitionen identifiziert werden: Einerseits wird ein digitales Ökosystem als offene Netzwerkumgebung für hauptsächlich kleine und mittlere Unternehmen verstanden, um effektiv und effizient zu interagieren. Andererseits versteht man unter einem digitalen Ökosystem eine offene, lose gekoppelte, domänengeclusterte, nachfragegesteuerte, selbstorganisierende und agentenbasierte Umgebung, in der sowohl der Anbieter als auch der/die Nachfrager jeweils einen Nutzen und Gewinn erwarten.
Ein digitales Ökosystem hat in seinem Zentrum eine digitale Plattform und
- adressiert die Bedürfnisse von potenziellen Konsumenten,
- liefert einen Mehrwert, der ohne den Ökosystem-Dienst nicht erzielbar wäre,
- ist attraktiv für Anbieter als auch für Konsumenten und
- bietet Mehrwerte für sämtliche Partner.
Insbesondere die großen Tech-Unternehmen wie Amazon und Google werden häufig als Beispiele für digitale Ökosysteme genannt. Unter Plattformökonomie versteht man ein ökonomisches Prinzip, bei dem mehrseitige Märkte bedient und direkte Geschäftsbeziehungen zwischen den Ökosystem-Teilnehmern der verschiedenen Seiten hergestellt werden. Der Amazon Marketplace kann als Plattformökonomie bezeichnet werden, da zwischen den Händlern und den Kunden, welche die Produkte der Händler kaufen, eine Geschäftsbeziehung hergestellt wird.