Leitsatz
1. Wer in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen ein Einzelunternehmen führt oder persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft ist, wird, sofern das Treuhandverhältnis den Geschäftspartnern gegenüber nicht offen gelegt wird, regelmäßig allein wegen seiner unbeschränkten Haftung zum (Mit-)Unternehmer. Dies gilt auch dann, wenn er den Weisungen des Treugebers unterliegt und im Innenverhältnis von jeglicher Haftung freigestellt ist.
2. Eine hiervon abweichende Beurteilung kann ausnahmsweise dann in Betracht kommen, wenn das Unternehmen – wie bei einer Handelsvertretung – wesentlich durch die persönliche Arbeitsleistung geprägt wird, ein nur geringer Kapitaleinsatz erforderlich ist und die Geschäftsabschlüsse kein nennenswertes wirtschaftliches Risiko bergen.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 Nr 1 EStG , § 15 Abs. 2 EStG , § 89b HGB
Sachverhalt
Der Kläger wurde in den Streitjahren 1987 bis 1991 mit seiner früheren Ehefrau – der Beigeladenen – zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Lauf des Jahres 1993 kam es zur Trennung. Der Kläger war früher Verwaltungsbeamter; er wurde aus gesundheitlichen Gründen im Jahr 1989 frühpensioniert.
Im Jahr 1981 schloss die Beigeladene einen Vertrag mit einer Gesellschaft für Vermögensberatung und Vermittlung (B-AG), nach dem sie als hauptberufliche Handelsvertreterin tätig werden sollte. Das Büro wurde durch einen von der Beigeladenen unterzeichneten Mietvertrag angemietet. Außerdem schloss die Beigeladene mit dem Kläger einen Arbeitsvertrag ab, nach dem dieser als geringfügig beschäftigter Arbeitnehmer angestellt wurde.
Der Kläger war im Rahmen des von der Beigeladenen vertraglich begründeten Handelsvertreterverhältnisses für die B-AG tätig. Die B-AG ernannte den Kläger durch Urkunde vom Juli 1982 nach erfolgreicher Teilnahme am Prüfungsseminar zum "Repräsentanten für B". Sie erteilte über die verdienten Provisionen monatliche Abrechnungen. Die sich danach ergebenden Provisionsansprüche wurden durch Verrechnungsschecks, die auf den Namen der Beigeladenen ausgestellt wurden, beglichen.
Das Handelsvertreterverhältnis endete durch eine im Mai 1994 gegenüber der Beigeladenen ausgesprochenen Kündigung der B-AG zum 30.9.1994. Die Beigeladene gab die Vertragsbestände an die B-AG zurück. Der Kläger war nunmehr aufgrund eines im eigenen Namen mit der B-AG abgeschlossenen Vertrags vom 3.3.1994 für diese als Handelsvertreter tätig.
In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 1987 bis 1991 erklärte die Beigeladene hinsichtlich der Handelsvertretertätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Nach einer Außenprüfung für die Jahre 1989 bis 1991 machte sie geltend, die Einkünfte aus der Agentur seien nicht ihr, sondern dem Kläger zuzurechnen, da der Betrieb ausschließlich von diesem geführt worden sei.
Das FA zog den Kläger zum Einspruchsverfahren gem. § 360 AO hinzu und rechnete im Einspruchsentscheid die Einkünfte aus Gewerbebetrieb dem Kläger zu. Die dagegen erhobene Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.
Entscheidung
Die Entscheidung Die Entscheidung des FG, der Kläger sei Unternehmer der Agentur gewesen, sei nicht zu beanstanden. Der Kläger habe die für die Handelsvertretung entscheidende persönliche Dienstleistung – nämlich das Vermitteln von Kapitalanlagen und Finanzierungen – allein erbracht und auch alle wesentlichen Personalentscheidungen getroffen und Kontakte zur B-AG unterhalten. Ferner habe er über die Provisionseinnahmen verfügen können, Gewinne der Agentur entnommen und unter seinem Namen bei Banken angelegt.
Demgegenüber habe die Beigeladene in der Agentur allenfalls untergeordnete Tätigkeiten verrichtet. Des Weiteren habe das Unternehmen über nur geringes Betriebsvermögen verfügt und insbesondere nicht mit Fremdmitteln gearbeitet. Außerdem sei die verdeckte Treuhand gegenüber der B-AG offen gelegt worden, so dass die Beigeladene eventuellen Ansprüchen der B-AG die Treuhandvereinbarung hätte entgegenhalten können.
Hinweis
Die Frage, wer Unternehmer ist, richtet sich allein danach, wer Unternehmerinitiative entfalten kann und Unternehmerrisiko trägt, wer also an unternehmerischen Entscheidungen und am Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens teilhat.
Nach diesen Kriterien sind auch die Fälle offener und verdeckter Stellvertretung zu entscheiden. Wer in eigenem Namen, aber für Rechnung eines anderen ein Einzelunternehmen führt oder persönlich haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft ist, wird meist Mitunternehmer sein. Denn er trägt über die persönliche unbeschränkte Haftung ein Unternehmerrisiko, das allein durch die Zusage des Vertretenen, ihn im Innenverhältnis von allen Verbindlichkeiten freizustellen, im Regelfall nicht ausgeschlossen wird. Denn ob sich dieser Rückgriffsanspruch im Ernstfall tatsächlich realisieren lässt, ist ungewiss.
Nur ausnahmsweise, wenn das Unternehmen wesentlich durch die persönliche Arbeitsleistung geprägt wird, einen nur geringen Kapitaleinsatz erfordert und die Geschäftsabschlüsse kein nennenswertes wirtschaf...