Prof. Dr. Hans-Friedrich Lange
Leitsatz
Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte erfolgt nicht für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, und ist mithin nicht als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen.
Normenkette
§ 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG, Art. 6 Abs. 2 Buchst. a und b 6. EG-RL, Art. 26 Abs. 1 Buchst. a und b MwStSystRL
Sachverhalt
Der Kläger betrieb ein Einzelunternehmen. Zugleich war er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, deren Sitz am Wohnsitz des Klägers in A lag und deren Niederlassung (Produktionsstätte) sich in einem anderen Ort (B) befand. Zwischen dem Kläger (als Organträger) und der GmbH (als Organgesellschaft) bestand eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft. Der Kläger hatte Anspruch auf Benutzung eines der GmbH gehörenden Pkw auch für private Zwecke. Die GmbH nutzte im Wohnhaus des Klägers in A einen Kellerraum aufgrund vertraglicher Gestattung zur Unterbringung eines Computer-Serverschrankes.
Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH vertrat das Finanzamt die Auffassung, bei dem beruflich genutzten Kellerraum handele es sich um ein häusliches Arbeitszimmer des Klägers, sodass nicht – wie vom Kläger angenommen – Dienstreisen zwischen A und B, sondern vielmehr Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gegeben seien. Das FA erfasste dementsprechend beim Kläger einen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil.
Ferner unterwarf das FA die Fahrten des Klägers zwischen seinem Wohnsitz in A und der GmbH-Niederlassung in B als unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer.
Das FG wies die Klage ab (FG Münster, Urteil vom 20.9.2012, 5 K 3605/08 U, Haufe-Index 3477382, EFG 2013, 88).
Entscheidung
Dem folgte der BFH nicht. Er hob die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt.
Während ein Arbeitnehmer (arbeitsrechtlich) verpflichtet sei, während der vereinbarten Zeit an der Arbeitsstätte zu sein, sodass es grundsätzlich keinen unternehmerischen (betrieblichen) Grund gebe, den Arbeitnehmer vom Wohnort zum Unternehmen (Betrieb) und zurück zu befördern, gelte dies bei entsprechenden Fahrten des Unternehmers nicht.
Anders als ein Arbeitnehmer suche ein Unternehmer seinen Betrieb auf, um dort unternehmerisch tätig zu sein. Es sei nicht ersichtlich, welchem privaten Bedarf diese Fahrten des Unternehmers dienen sollten. Denn seine Fahrten zwischen Wohnort und Unternehmen (Betrieb) dienten der Ausführung von Umsätzen.
Angesichts des klaren Überwiegens der unternehmerischen Verwendung des Pkw für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte sei es unbeachtlich, dass die Heimfahrten auch privaten Charakter hätten.
Hinweis
Nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt "die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen".
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 5.6.2014 – XI R 36/12