Rz. 98
Steuerpflichtige, die nicht zur Buchführung und Abschlusserstellung gesetzlich verpflichtet sind und die auch nicht freiwillig Bücher führen und keine Abschlüsse erstellen, können gem. § 4 Abs. 3 EStG als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen. Im Rahmen dieser Einnahmen-Überschussrechnung findet das Zufluss- bzw. Abflussprinzip des § 11 EStG Anwendung. Danach gelten Einnahmen als "innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind". Korrespondierend dazu sind Ausgaben "für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind". Eine Ausnahme davon findet bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen bzw. Ausgaben Anwendung, die kurze Zeit vor Beginn oder nach dem Ende des Kalenderjahres zu- bzw. abgeflossen sind. Diese werden dem Kalenderjahr zugeordnet, dem sie wirtschaftlich zuzuordnen sind.
Rz. 99
Von diesem Grundsatz ist jedoch in Ausnahmefällen abzuweichen. So sieht § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG vor, im Voraus geleistete Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen. In analoger Weise eröffnet § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit der gleichmäßigen Verteilung von Einnahmen aus einer solchen Nutzungsüberlassung. Eine Rechnungsabgrenzung findet insoweit auch im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung statt. Folglich ist bspw. die Auszahlung, die eine KFZ-Steuervorauszahlung beinhaltet, nicht aktiv abzugrenzen; sie ist bei Zahlung in voller Höhe als Betriebsausgabe zu behandeln. Das BVerfG hat in der durch die Einführung der Norm des § 11 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 EStG i. V. m. § 52 Abs. 30 EStG eintretenden Belastungwirkung durch eine unechte Rückwirkung einen Verstoß gegen den Grundsatz des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes erkannt, insoweit die Vereinbarung von Vorauszahlungen von Erbbauzinsen innerhalb des Jahres 2004 bis einschließlich des Tages der Einbringung der Neuregelung in den Deutschen Bundestag am 27.10.2004 verbindlich geschlossen wurde und die Vorauszahlung noch im selben Jahr vereinbarungsgemäß geleistet wurde.
Rz. 100
Gleichwohl enthält § 11 Abs. 2 Satz 4 EStG eine Rückausnahme. Dementsprechend ist ein Damnum oder Disagio, soweit dieses marktüblich ist, nicht abzugrenzen. So liegt etwa bei einer Darlehensaufnahme ein Abfluss von Betriebsausgaben bei vereinbarungsgemäßer Einbehaltung des Damnums bei Auszahlung eines Tilgungsdarlehens im Zeitpunkt der Kapitalauszahlung vor; wird das Darlehen ratenweise ausgezahlt, ist eine entsprechende Aufteilung des Damnums nur dann vorzunehmen, wenn die Vertragsparteien keine Vereinbarung über den Abflusszeitraum des Damnums getroffen haben. Dementsprechend liegt im Fall einer Darlehensgewährung bei der Auszahlung des Darlehens eine Betriebseinnahme vor.