BMF, Schreiben vom 21.4.2022, IV C 2 – S 2836/20/10001 :002 (DOK 2022/0364601), BStBl I 2022, 647
Zu der Frage der Anerkennung einer Einlagenrückgewähr aus Drittstaaten-Kapitalgesellschaften hat der BFH in mehreren Entscheidungen Stellung genommen.
Zur Rechtslage vor Einführung des § 27 Absatz 8 KStG hat der BFH mit den Urteilen vom 20. Oktober 2010, I R 117/08, BStBl 2022 II S. ..., und vom 13. Juli 2016, VIII R 73/13, BStBl 2022 II S. ..., entschieden, dass im Fall einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr vorliegen kann, sofern unter Heranziehung des einschlägigen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrechts von einer Rückzahlung aus einer Kapitalrücklage bzw. von der Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen auszugehen sei.
Im Urteil vom 13. Juli 2016, VIII R 47/13, BStBl 2022 II S. ..., hat der BFH für die Rechtslage nach Einführung des § 27 Absatz 8 KStG entschieden, dass eine Einlagenrückgewähr auch von einer Gesellschaft getätigt werden kann, die in einem Drittstaat ansässig ist und für die kein steuerliches Einlagekonto nach § 27 KStG geführt wird. Diese Auffassung hat der BFH mit Urteil vom 10. April 2019, I R 15/16, BStBl 2022 II S. ..., bestätigt und in Fortentwicklung seiner Rechtsprechung entschieden, dass zwar die Höhe des ausschüttbaren Gewinns einer Drittstaatengesellschaft nach dem jeweiligen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrecht zu ermitteln ist, seine Verwendung und damit auch die (nachrangige) Rückgewähr von Einlagen jedoch der gesetzlichen Verwendungsfiktion des § 27 Absatz 1 Satz 3 und 5 KStG unterliegt. Da im Körperschaftsteuergesetz für die Einlagenrückgewähr von Drittstaatengesellschaften kein gesondertes Feststellungsverfahren vorgesehen ist, können die damit zusammenhängenden Fragen nur im Rahmen der jeweiligen Festsetzungsverfahren der Gesellschafter geklärt werden.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind diese Rechtsprechungsgrundsätze wie folgt anzuwenden:
I. Drittstaaten
Leistungen einer Körperschaft oder Personenvereinigung, die im Zeitpunkt der Leistung nicht im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) Anwendung findet, der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, sind nach den folgenden Grundsätzen zu beurteilen. Hierbei sind folgende Fälle der Einlagenrückgewähr zu unterscheiden:
1. Nennkapitalrückzahlungen
Für Fälle der Nennkapitalrückzahlung ist § 7 Absatz 2 KapErhStG anzuwenden. Das tatsächliche Vorliegen einer Nennkapitalrückzahlung ist durch geeignete Unterlagen (insbesondere den Beschluss über die Nennkapitalherabsetzung und -rückzahlung) nachzuweisen.
Beispiel:
Eine in einem Drittstaat ansässige Kapitalgesellschaft wird im Jahr 2010 von dem inländischen Alleingesellschafter A gegen Bareinlage von 1.000 (Nennkapital 600, Kapitalrücklage 400) gegründet. Im Jahr 2012 hat die Gesellschaft ihr Nennkapital durch Umwandlung der Kapitalrücklage um 400 erhöht. In den Jahren 2014 und 2018 wird das Nennkapital jeweils um 200 herabgesetzt und im jeweiligen Jahr an A ausgekehrt.
Die steuerliche Behandlung der Nennkapitalrückzahlungen beim Gesellschafter richtet sich nach § 7 Absatz 2 KapErhStG. Danach gilt nur die innerhalb der Fünfjahresfrist erfolgte Nennkapitalauskehrung im Jahr 2014 beim inländischen Gesellschafter als Einkünfte nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG. Die Rückzahlung von Nennkapital im Jahr 2018 ist nicht steuerbar und führt zu einer Minderung der Anschaffungskosten der Beteiligung des A.
2. Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen
Die Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen kann als Einlagenrückgewähr im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 1 Satz 3 EStG zu qualifizieren sein.
Die Höhe des ausschüttbaren Gewinns, das gezeichnete Kapital und die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen (z.B. Kapitalrücklage) sind aus der ausländischen Handelsbilanz abzuleiten, die dem Jahr der Leistung an den Anteilseigner vorausgeht. Eine nach deutschem Recht aufgestellte Handelsbilanz sowie eine Überleitungsrechnung ins deutsche Steuerrecht in analoger Anwendung des § 60 Absatz 2 EStDV ist nicht erforderlich.
a) Ermittlung der Einlagenrückgewähr der Höhe nach
Es findet die Verwendungsreihenfolge des § 27 Absatz 1 Satz 3 und 5 KStG entsprechende Anwendung. Ein Direktzugriff auf den Betrag der Einlagen ist nicht zulässig.
b) Erforderliche Unterlagen und Nachweise
Vom Anteilseigner sind für die Feststellung einer Einlagenrückgewähr folgende Angaben und Unterlagen in deutscher Sprache vorzulegen:
- Nachweis über die unbeschränkte Steuerpflicht der ausschüttenden Körperschaft oder Personenvereinigung in einem Drittstaat für den beantragten Zeitraum,
- Höhe der Beteiligung des inländischen Anteilseigners,
- Beschlüsse und Nachweise über die geleistete Ausschüttung,
- ausländische Bilanz der die Leistung erbringenden Gesellschaft.
Neben dies...