Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung von Teileigentum für Zwecke der Erbschaftsteuer. Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Rahmen der Bewertung von Grundvermögen für Zwecke der Festsetzung der Erbschaftsteuer kann der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts u.a. durch Vorlage des Gutachtens eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken geführt werden.
2. Einem Sachverständigengutachten, das bei Fehlen bewertungsrechtlicher Sonderregelungen den Vorgaben der Wertermittlungsverordnung entspricht und plausibel ist, wird auch dann regelmäßig zu folgen sein, wenn einzelne Faktoren – erzielbare Miete und Restnutzungsdauer – von der Behörde oder vom Gericht anders bewertet werden und bei der Berechnung daher auszutauschen sind.
3. Zur Eigennutzung ungeeignete Renditeobjekte wie im Streitfall ein Ladenlokal sind regelmäßig im Ertragswertverfahren zu bewerten. Das Sachwertverfahren findet im Regelfall bei renditeunabhängigen Objekten der Eigennutzung Anwendung.
Normenkette
BewG 1991 § 146 Abs. 7; WertV §§ 17-18
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 11. März 2005 vom 12. Juni 2006, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. August 2008 wird dahingehend geändert, dass der Grundbesitzwert mit EUR 755.000 festgestellt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin 12%, der Beklagte 88%.
3. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung des sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
4. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Bewertung von Teileigentum zum Zwecke der Festsetzung der Erbschaftssteuer.
Die Klägerin ist Erbin nach der am 11. März 2005 verstorbenen …. Die Erblasserin war Eigentümerin von 136,67/1000 des Eigentums an dem Grundstück … Straße 50 – 56 in …, das eine Gesamtfläche von 8.613 m² hat. Das Gebäude wurde 1995 errichtet. Das Teileigentum besteht aus insgesamt 4 Ladenlokalen, wovon das größte eine Haupt- und Nebennutzfläche von 780 m² hat und bis Ende 2011 an einen P.-Markt vermietet ist. Die übrigen 3 Ladenlokale haben eine Haupt- und Nebennutzfläche von insgesamt 249 m², wovon eines zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht vermietet war. In den drei Jahren vor dem Erbfall erzielte die Erblasserin insgesamt EUR 224.747 an Nettokaltmieten.
Mit Bescheid vom 12. Juni 2006 setzte der Beklagte den Grundbesitzwert einheitlich und gesondert auf EUR 894.000 fest. Dabei legte er die angegebenen Nettokaltmieten sowie eine … Altersminderung für 9 Jahre gemäß § 146 Abs. 1 bis 6 BewG zugrunde. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, da sie der Auffassung ist, dass das Teileigentum einen geringeren Wert hat. Zum Beleg hierfür legte sie ein Gutachten vom 7. Dezember 2006 der Sachverständigen T., das zu einem Wert von EUR 410.000 im Ertragswertverfahren kommt, und ein Gutachten vom 7. Juli 2008 des Sachverständigen H., das im Ertragswertverfahren zum Wert von EUR 737.000 kommt, vor. Mit Entscheidung vom 12. August 2008 wies der Beklagte den Einspruch zurück.
Die Klägerin trägt vor, dass sich aus den vorgelegten Gutachten ein geringerer Wert als vom Beklagten angenommen ergibt. So sei die Lage außerhalb eines Stadtzentrums sowie die Konkurrenz im Umfeld zu berücksichtigen. Es bestünde das Risiko, das sich inzwischen auch realisiert habe, dass der Mieter P.-Markt seinen Vertrag über das Jahr 2011 hinaus nicht verlängere. Dies habe einen Nachzieheffekt bei den kleineren Läden, die dann auch schwer vermietbar seien. Diese Aspekte hätten die Sachverständigen berechtigt in ihren Bewertungen beachtet.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 11. März 2005 vom 12. Juni 2006, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. August 2008 dahingehend zu ändern, dass der Grundbesitzwert mit EUR 737.000 festgestellt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass die Anwendung von § 146 Abs. 7 AO voraussetze, dass der Steuerpflichtige nachweise, dass der gemeine Wert niedriger sei als es sich aus der Berechnung nach § 146 Abs. 1 bis 6 BewG ergebe. Dieser Nachweis sei der Klägerin nicht gelungen. Neben den erheblichen Mängeln des Gutachtens T. weise auch das Gutachten H. Mängel auf. So sei unklar, warum der Sachverständige von der Nutzfläche von 994 m² und nicht von der Bruttogrundfläche von 1.164 m² ausgehe, er für die Alterswertminderung 14,29% statt – wie nach der Rossschen Karte – 8,6% ansetze, den Liegenschaftszins mit 8% statt 6,5% annehme und die Bewirtschaftungskosten mit 30% statt mit 20% für erforderlich halte. Im Übrigen vertieft er seine Ausführungen aus der Einspru...