Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung des Anstellungsvertrags des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers. Abfindung als verdeckte Gewinnausschüttung. Erfassung der vGA im Kalenderjahr des Zuflusses auch bei abweichendem Wirtschaftsjahr. Rückstellung für eine vom Bundeskartellamt angedrohte Geldbuße

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist im Anstellungsvertrag des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH eine Kündigungsfrist nicht vereinbart, so ist der Vertrag gem. § 621 Nr. 3 BGB spätestens am fünfzehnten eines Monats zum Schluss des Kalendermonats kündbar. Die Schutzvorschrift des § 622 BGB (Kündigungsfrist danach zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats) findet keine Anwendung.

2. Eine dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer bei ordentlicher Kündigung seines Dienstverhältnisses ohne vertragliche Vereinbarung gezahlte Abfindung ist auch dann als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen, wenn der Minderheitsgesellschafter ebenfalls eine Abfindung erhält.

3. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist auch dann im Kalenderjahr des Zuflusses zu berücksichtigen, wenn das – abweichende – Wirtschaftsjahr der Gesellschaft erst im Folgejahr endet.

4. Im Hinblick auf eine vom Bundeskartellamt angedrohte Geldbuße ist die Bildung einer Rückstellung zulässig, soweit sich die Höhe des Bußgelds an dem durch den geahndeten Verstoß erlangten Mehrerlös orientiert.

 

Normenkette

KStG 1996 § 8 Abs. 3 S. 2; KStG 1999 § 8 Abs. 3 S. 2; BGB § 621 Nr. 3, § 622 Abs. 2 Nr. 2; EStG § 4a Abs. 2 Nr. 2, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8, § 5 Abs. 1; HGB § 249 Abs. 1 S. 1; OWiG § 17 Abs. 4; GWB § 38 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 22.04.2009; Aktenzeichen I B 162/08)

 

Tenor

1. Die Verfahren wegen gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31.12.1998 bis 31.12.2001 sowie wegen Körperschaftsteuer 1999 werden nach Klagerücknahme gemäß § 72 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung eingestellt.

2. Unter Änderung des Bescheides über Körperschaftsteuer 2000 vom 11. März 2004 und der Einspruchsentscheidung vom 22. August 2008 wird die Körperschaftsteuer auf den Betrag festgesetzt, der sich bei Berücksichtigung einer zusätzlichen Rückstellung in Höhe von 388.000,– DM ergibt.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 2/3 und dem Beklagten zu 1/3 auferlegt.

5. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

6. Der Streitwert wird auf 256.500,– EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung von Arbeits- und Berufskleidung, hauptsächlich von Schuhwerk für die Bundeswehr. Ihr Wirtschaftsjahr endet jeweils zum 31. Januar. Geschäftsführer der Klägerin waren bis 22. Oktober 1998 die Gesellschafter Bern. S. (Gesellschaftsanteil: 70%) und Si. Ba.. (Gesellschaftsanteil: 30 %). Die Anstellungsverträge wurden mündlich geschlossen, alle späteren Änderungen beruhen auf Gesellschafterbeschlüssen. Regelungen über die Kündigungsfrist oder den Anspruch auf eine Abfindung im Falle einer Kündigung sind in den Anstellungsverträgen nicht enthalten. Das letzte Monatsgehalt von Herrn S. vor seinem Ausscheiden aus der Geschäftsführung betrug DM 15.400,–.

Streitjahr 1998

Im Zuge eines kartellrechtlichen Verfahrens informierte das Bundesministerium der Verteidigung der Klägerin mit Schreiben vom 14. September 1998 darüber, dass es aufgrund staatsanwaltlicher Ermittlungen die Prüfung der Zuverlässigkeit des Unternehmens eingeleitet habe. Es behalte sich vor, die Klägerin bei der Vergabe von Aufträgen nicht zu berücksichtigen (Blatt 160 der FG-Akte). Des Weiteren teilte das Ministerium bei der Rücksendung von Ausschreibungsunterlagen in einem Zusatz mit, dass es sich vorbehalte, die Klägerin nicht zu berücksichtigen, „sofern nicht durch geeignete personelle oder organisatorische Maßnahmen die Zuverlässigkeit Ihres Unternehmens wieder hergestellt ist” (Blatt 129 der FG-Akte).

In der Folge übertrug Herr S. mit Vertrag vom 22. Oktober 1998 einen Gesellschaftsanteil von 36 % unentgeltlich an seine Ehefrau. Mit gleicher Urkunde bot diese Herrn S. unwiderruflich den Rückkauf an. In einem Stimmbindungsvertrag vom 22. Oktober 1998 verpflichtete sie sich darüber hinaus, ihr Stimmverhalten dem ihres Ehemannes anzupassen. Zudem wurden Herr S. und Herr Ba.. mit Gesellschafterbeschluss vom 22. Oktober 1998 mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer abberufen (Blatt 168 der FG-Akte). Am 28. Oktober 1998 beschloss die Gesellschafterversammlung, den beiden ehemaligen Geschäftsführern eine Abfindung mit einem Limit von sechs Monatsgehältern zu gewähren, und beauftragte die Geschäftsleitung, weitere Details über die Ausscheidensmodalitäten mit den Betroffenen auszuhandeln (...

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