rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässige Aufrechnung des FA einer nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzten und fällig gewordenen Investitionszulage für einen vorinsolvenzlichen Zeitraum mit Umsatzsteuernachforderungen gegen den Gmeinschuldner betreffend die letzten drei Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Zeitpunkt der Uneinbringlichkeit von Forderungen gegen den Gemeinschuldner
Leitsatz (redaktionell)
1. Setzt das FA während des Insolvenzverfahrens eine bereits vor der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragte Invesititionszulage für einen vorinsolvenzlichen Zeitraum fest, so kann es diesen erst mit seiner Festsetzung fällig gewordenen Investitionszulagen-Erstattungsanspruch zulässigerweise gegen Umsatzsteuernachforderungen betreffend die drei letzten vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Umsatzsteuer-Voranmeldungszeiträume aufrechnen, ohne dass die Aufrechnung durch Aufrechnungsverbote nach § 95 i. V. m. § 130, 130 InsO ausgeschlossen wäre.
2. Das gilt auch dann, wenn die Umsatzsteuerforderungen gegen den Gemeinschuldner erst nach dem Zeitpunkt fällig geworden sind, in dem über das Vermögen des Gemeinschuldners bereits ein vorläufiges Insolvenzverfahren mit Zustimmungsvorbehalt angeordnet ist, und wenn ein Teil der Umsatzsteuernachforderungen darauf beruht, dass der Vorsteuerabzug des Gemeinschuldners teilweise wegen der durch die Beantragung des Insolvenzverfahrens eingetretenen Uneinbringlichkeit der dem Vorsteuerabzug zugrunde liegenden Forderungen gegen den Gemeinschuldner nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG berichtigt worden ist. Entscheidend für die Zulässigkeit der Aufrechnung ist, dass sowohl die Umsatzsteuernachforderungen als auch die bereits vor der Insolvenzeröffnung beantragte Investitionszulage vor dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens i. S. v. § 38 InsO begründet worden sind.
3. Von einer Uneinbringlichkeit i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG von Forderungen gegen den nunmehrigen Gmeinschuldner ist bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens auszugehen, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit erfolgt ist. Der darauf zurückzuführende „Vorsteuerberichtigungsanspruch” des FA gegen den Gemeinschuldner gehört im Ergebnis zu der vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Umsatzsteuer und ist vom FA zusammen mit dieser gemäß §§ 28, 38 InsO beim Insolvenzverwalter anzumelden.
Normenkette
AO § 218 Abs. 2, § 220 Abs. 1, 2 S. 2, § 226 Abs. 1; InsO §§ 38, 95 Abs. 1 S. 3, § 96 Abs. 1 Nr. 3, §§ 129, 130 Abs. 1 Nr. 2, § 131 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 38; UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der R. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), das auf Eigenantrag vom 8. Februar 2006 mit Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 1. April 2006 (Az.: 406 IN 390/06; Blatt 27 der FG-Akte) eröffnet wurde. In der Zeit zwischen Antrag und Eröffnung war die vorläufige Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt angeordnet.
Für die Voranmeldungszeiträume Januar bis März 2006 hatte die Schuldnerin beim Beklagten (dem Finanzamt) Umsatzsteuer in Höhe von ./. 63.284,86 EUR, 34.198,06 EUR und 45.855,50 EUR angemeldet (vgl. Umsatzsteuer-Voranmeldungen, Blatt 79 ff der FG-Akte). Nachdem das Finanzamt von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Kenntnis erlangt hatte, war es der Auffassung, dass die geltend gemachten Vorsteuerbeträge gemäß § 17 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) wegen Uneinbringlichkeit der Forderungen nicht mehr zum Abzug gebracht werden könnten und errechnete für Januar 2006 eine Umsatzsteuer in Höhe von 33.761,98 EUR (vgl. Umsatzsteuer-Überwachungsbogen 2006 vom 7. Mai 2007, Blatt 24 der Rechtsbehelfsakte). Die Berechnung mit einem Nachforderungsbetrag in Höhe von 97.046,84 EUR übersandte das Finanzamt am 11. Mai 2006 dem Kläger mit dem Hinweis, dass es sich um keine Steuerfestsetzung, sondern nur um eine Steuerberechnung handle, die als Grundlage für die Anmeldung zur Tabelle diene (Blatt 81 der FG-Akte).
Am 25. Oktober 2006 erließ das Finanzamt gegenüber dem Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter einen geänderten Investitionszulagenbescheid für die Schuldnerin, in dem es die am 9. Januar 2006 beantragte Investitionszulage nach § 2 des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1999 für das Kalenderjahr 2005 (erstmals) auf 147.705,– EUR festsetzte.
Mit Abrechnungsbescheid gemäß § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) vom 11. Juli 2007 zur Investitionszulage 2005 stellte das Finanzamt fest, dass der Auszahlungsbetrag in Höhe von 147.705,– EUR zunächst auf die Investitionszulage 2004 und von dort in Höhe von 67.651,44 EUR auf die Umsatzsteuer Januar 2006, i...