Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine unechte doppelte Haushaltsführung im Rahmen der für die Zahlung von Kindergeld maßgeblichen Jahresgrenzbetragsermittlung. kein Abzug von Fahrtkosten zu der weiter von der Arbeitsstätte entfernt liegenden Wohnung der Eltern. Familienleistungsausgleich
Leitsatz (redaktionell)
1. Nur wenn neben den im Jahresgrenzbetrag i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG enthaltenen Kosten einer eigenen Unterkunft des Kindes dem sich in Ausbildung befindenden Kind ausbildungsbedingt weitere Wohnaufwendungen entstehen, also die Voraussetzungen einer sog. echten doppelten Haushaltsführung vorliegen, sind diese im Rahmen der Jahresgrenzbetragsermittlung zu berücksichtigen. Aufwendungen für ein ansonsten bei seinen Eltern lebenden, unverheirateten Kindes für die Wohnung am Ausbildungsort sind verfassungsgemäß nicht abzugsfähig.
2. Die Berücksichtigungsfähigkeit der Kosten für die Fahrt von der Arbeitsstätte zu der nicht der Arbeitsstätte am nächsten liegenden Wohnung setzt das Innehaben einer eigenen Wohnung voraus.
Normenkette
EStG 2002 § 32 Abs. 4 Sätze 2, 6-7, 1 Nr. 2 Buchst. a, § 9 Abs. 1 S. 3 Nrn. 5, 4 S. 7, §§ 19, 52 Abs. 23d, § 12 Nr. 1 S. 2; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1; StÄndG 2003
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Kindergeld für seine Tochter A. für Januar bis Mai 1998.
Das am 12.03.1976 geborene Kind A. befand sich vom 01.08.1995 bis zum 31.05.1998 in Berufsausbildung zur Steuerfachgehilfin in A . Vom 01.06.1998 bis zum 20.10.1998 sowie vom 18.12.1998 bis zum 31.12.1998 war das Kind beim Arbeitsamt C. – Außenstelle A. – arbeitslos gemeldet. In der Zeit vom 21.10.1998 bis zum 20.11.1998 war A bei der T P GmbH & Co KG in K. vollzeitbeschäftigt.
Für die Zeit vom 01.01.1998 bis zum 31.05.1998 erhielt A. eine Ausbildungsvergütung i.H.v. insgesamt 5.250,00 DM. Zusätzlich gewährte ihr das Arbeitsamt C. eine Berufsausbildungsbeihilfe von monatlich 602,00 DM bis zum 28.05.1998, dem letzten Prüfungstag.
Unter dem 09.07.1999 beantragte der Kläger Kindergeld für Januar bis Mai 1998. Als Werbungskosten für die Ausbildungszeit wurden für Fahrten zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte 367,50 DM, für Fahrten zwischen Wohnung und Berufsschulen 874,64 DM und für Verpflegungsmehraufwendungen wegen Abwesenheit von mindestens 8 Stunden 320,00 DM geltend gemacht. Weiterhin wurden für den Ausbildungszeitraum Mietkosten i.H.v. 1.250,00 DM und Kosten für 22 Familienheimfahrten i.H.v. 10.780,00 DM als Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung erklärt. Die Werbungskosten wurden um eine nicht näher bezeichnete steuerfreie Ersatzleistung des Arbeitgebers i.H.v. 180,00 DM vermindert.
Mit Bescheid vom 14.12.1999 setzte der Beklagte das Kindergeld ab Januar 1998 auf 0,00 DM fest, weil die Einkünfte und Bezüge des Kindes den maßgeblichen Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Sätze 2, 6 und 7 Einkommensteuergesetz 1998 – EStG 1998 – überstiegen. Insbesondere seien die Familienfahrten mangels Nachweis bzw. hinreichender Glaubhaftmachung sowie die Unterkunftskosten wegen des Ablaufes der Zweijahresfrist gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 EStG 1998 nicht anzuerkennen. Der dagegen eingelegte Einspruch des Klägers vom 08.01.2000 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 19.05.2000 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 14.06.2000 hat der Kläger Klage erhoben.
Er ist der Ansicht, dass die Begrenzung auf zwei Jahre für die sog. unechte doppelte Haushaltsführung ohne eigenen Hausstand am bisherigen Wohnort nicht maßgeblich sei. Im Übrigen sei die Zweijahresfrist nach den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 04.12.2002 verfassungswidrig, auch wenn kein Fall der Kettenabordnung vorliege und die Tochter des Klägers keinen an einem anderen Ort erwerbstätigen Ehegatten gehabt habe. Das Bundesverfassungsgericht habe nicht entschieden, dass die Zweijahresgrenze ausschließlich in den genannten Fällen verfassungswidrig sei. Es habe bei der Frage der Kettenabordnung auf die zeitliche Unbestimmbarkeit des auswärtigen Aufenthalts abgestellt. Die ungefestigte Lebens- und Berufsplanung eines jungen Auszubildenden sei mit diesem Fall durchaus vergleichbar. Auch mit der Lebenssituation der sogenannten „Doppelverdienerehen” weise der Streitfall Parallelen auf. Es sei widersprüchlich, zum einen eine regelmäßig dreijährige Berufsausbildung kindergeldrechtlich zu fördern und zum anderen diese Förderung nach zwei Jahren abrupt enden zu lassen. Das würde bei Familien, die sich eine auswärtige Ausbildung ihrer Kinder nicht leisten könnten, bedeuten, dass entweder die auswärtige Ausbildung abgebrochen werden oder die Familie an den Ausbildungsort des Kindes nachziehen müsse. Im Rahmen der mithin anzuerkennenden doppelten Haushaltsführung seien neben den Familienheimfahrten die Mietkosten zu berücksichtigen, da der Gesetzgeber nicht davon ausgegangen sei, dass die Kosten einer auswärtigen Unterbringung beim Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG 1998 vollstä...