Entscheidungsstichwort (Thema)
1 % Regelung gilt auch für Kombinationsfahrzeuge, wenn diese für private Zwecke genutzt werden
Leitsatz (redaktionell)
Die 1-%-Regelung ist grundsätzlich nur dann nicht anwendbar, wenn nachgewiesen wird, dass eine Privatnutzung des Kraftfahrzeuges ausscheidet.
An den Nachweis fehlender Privatnutzung sind strenge Anforderungen zu stellen. Die bloße Behauptung des Steuerpflichtigen, das betriebliche Kraftfahrzeug werde nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten würden ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt, reicht nicht aus, um die Anwendung der 1-%- und der 0,03-%-Regelung auszuschließen. Vielmehr muss der Steuerpflichtige einen atypischen Sachverhalt darlegen und beweisen, warum er das betriebliche Kraftfahrzeug ausschließlich betrieblich nutzt.
Auch ein Kombinationsfahrzeug ist nach allgemeinen Erfahrungssätzen einer nicht nur gelegentlichen privaten Mitbenutzung zugänglich und ist deshalb in die 1-%-Regelung einzubeziehen. Auf die nach Kraftfahrzeugsteuerrecht oder Straßenverkehrsrecht vorzunehmende Klassifizierung kommt es dabei nicht an.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin ihrem Gesellschafter/Geschäftsführer durch die Überlassung eines Firmenfahrzeuges einen geldwerten Vorteil zugewandt hat.
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen für ... In den Streitjahren stellte sie ihrem Gesellschafter/Geschäftsführer zwei Firmenfahrzeuge, nämlich einen Opel Astra (Listenpreis: 36.550,00 DM = 18.660,00 EUR) und einen Opel Combo (Listenpreis: 26.800,00 DM = 13.700,00 EUR) zur Verfügung. Bei dem Opel Combo handelt es sich um einen zweisitzigen Kastenwagen. Der Aufbau hat keine Fenster und ist mit Materialschränken und -fächern sowie Werkzeug ausgestattet. Er ist mit einer auffälligen Lackierung und Beschriftung versehen.
Im Anschluss an eine bei der Klägerin im Jahre 2003 durchgeführten Lohnsteuer(LSt)-Außenprüfung für die Streitjahre vertrat das Finanzamt die Ansicht, die Klägerin habe ihrem Gesellschafter/Geschäftsführer mit der Überlassung des Opel Astra einen geldwerten Vorteil zugewandt. Den Wert ermittelte es auf 1 % des Listenpreises zuzüglich eines Anteils von 0,03 % für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Mit Einverständnis der Klägerin nahm es diese wegen der nichteinbehaltenen LSt als Haftungsschuldnerin in Anspruch.
Gegen die Haftungsbescheide vom 9. Juli 2003 legte die Klägerin Einspruch ein. Mit diesem machte sie geltend:
Der Opel Astra sei nur für Privatfahrten, nicht aber für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt worden. Hierfür sei der Opel Combo eingesetzt gewesen. Von dessen niedrigerem Listenpreis sei auszugehen, da stets der Listenpreis des überwiegend genutzten Fahrzeugs zu Grunde zu legen sei, wenn gleichzeitig mehrere Kraftfahrzeuge für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden könnten.
Nach vorherigem Hinweis änderte das Finanzamt durch Einspruchsentscheidung vom 31. März 2004 die angefochtenen Haftungsbescheide, indem es nunmehr für beide Firmenfahrzeuge einen privaten Nutzungswert von jeweils 1 % des Listenpreises sowie zusätzlich 0,03 % des Listenpreises für den Opel Combo für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ansetzte.
Zur Begründung führte es unter anderem aus:
Die Klägerin habe ihrem Arbeitnehmer zwei Fahrzeuge zur Nutzung überlassen, die von diesem und den Familienangehörigen auch privat genutzt werden könnten. Deshalb sei für jedes der Fahrzeuge ein privater Nutzungswert anzusetzen.
Auf den vollständigen Inhalt der Einspruchsentscheidung wird verwiesen.
Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung die Klägerin vorträgt:
Für den Opel Combo dürfe deshalb kein privater Nutzungswert angesetzt werden, weil es sich bei dem Fahrzeug um einen Lkw handele, der wegen seiner Bauart und seines Aussehens nicht für eine private Mitbenutzung geeignet und tatsächlich auch nicht privat genutzt worden sei. Für Privatfahrten sei der Opel Astra genutzt worden. Auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sei kein geldwerter Vorteil anzusetzen, denn die Überlassung des Kundendienstfahrzeuges an ihren Gesellschafter/Geschäftsführer habe keinen Entlohnungscharakter gehabt, sondern sei ganz überwiegend in ihrem eigenen betrieblichen Interesse erfolgt. Sie - die Klägerin - sei aufgrund von Wartungsverträgen mit Störungsdienst "rund um die Uhr" verpflichtet, in Störfällen sofort - auch sonn- und feiertags - tätig zu werden. Ihr Gesellschafter/Geschäftsführer sei ihr einziger Monteur, der in der Lage sei, den betrieblichen Bereitschaftsdienst sicherzustellen. Nur aus diesem Grunde stünde ihm der Opel Combo auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung. Im Jahr 2001 sei er von seiner Wohnung aus zu 115 und im Jahr 2002 zu 109 Notdiensteinsätzen gefahren. In seiner Wohnung unterhalte er außer einem kleinen Büro auch ein Material- und Werkzeug...