Entscheidungsstichwort (Thema)
Zahnprothesen i. S. von § 4 Nr. 14 Satz 4 Buchst. b UStG 1991, Unterposition 9021.29 ZT. Lieferung von Zahnprothesen auch bei Herstellung mittels Cerec-Gerätes. Aufteilungsgebot gem. § 4 Nr. 14 Satz 4 Buchst. B UStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Füllungen (Inlays), Dreiviertelkronen (Onlays) und Verblendschalen für die Frontflächen der Zähne (Veneers) aus Keramik sind Zahnprothesen i. S. von § 4 Nr. 14 Satz 4 Buchst. b UStG 1991, Unterposition 9021.29 ZT.
2. Eine „Lieferung” von Zahnprothesen liegt auch dann vor, wenn sie vom Zahnarzt rechnergesteuert mittels eines Cerec-Gerätes hergestellt werden (Abgrenzung zu Abschn. 89 Abs. 1 Satz 4 UStR 1996).
3. § 4 Nr. 14 Satz 4 Buchst. B UStG enthält ein Aufteilungsgebot.
Normenkette
UStG 1991 § 4 Nr. 14; ZT Unterposition 9021.29
Nachgehend
Tenor
Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.
Tatbestand
Streitig ist, ob es das beklagte Finanzamt (FA) zu Recht abgelehnt hat, die dem Kläger (Kl.) im Zusammenhang mit dem Erwerb eines CEREC-Gerätes in Rechnung gestellten Vorsteuern in Höhe von 8.730,39 DM zum Vorsteuerabzug zuzulassen.
Der als Zahnarzt tätige Kl. erwarb im Streitjahr ein CEREC-(= Ceramic Reconstruction)-Gerät, mit dem zahnfarbene Keramikfüllungen (Inlays) computergesteuert hergestellt und dann mittels Adhäsionstechnik in den Zahn eingeklebt werden. Entsprechendes gilt für Dreiviertelkronen (Onlays) und Verblendschalen für die Frontflächen der Zähne (Veneers).
Das Gerät besteht aus Mundvideokamera, die dreidimensionale Aufnahmen fertigt, einer Recheneinheit, einem Bildschirm, einer Tastatur, einer Zeichenkugel und einer integrierten Dreiachsenschleifmaschine. Nach der Vorbereitung des Zahnes durch den Zahnarzt wird die Videokamera über den Zahn gehalten und liefert zeitnah einen optischen Abdruck der Zahnpräparation. Aufgrund dieses dreidimensionalen Abdrucks auf dem Bildschirm des Computers wird das erforderliche Inlay, Onlay oder Veneers konstruiert. In der Schleifkammer wird es anschließend aus dem Keramikblock herausgefräst. Das so hergestellte Keramikteil wird vom Zahnarzt eingepaßt, per Hand nachgeschliffen und eingegliedert.
Die Gesellschaft für Computergestützte Restaurative Zahnheilkunde in Deutschland e.V. hat ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft … über die umsatzsteuerliche Behandlung des CEREC-Systems in der Zahnarztpraxis erstellen lassen, das im wesentlichen zu dem Ergebnis kommt, daß die Leistungen, die mit dem CEREC-Gerät ausgeführt werden, gemäß § 4 Nr. 14 Satz 4 Buchstabe b Umsatzsteuergesetz (UStG) zu steuerpflichtigen Umsätzen führen. Somit könnten Vorsteuerbeträge auf Eingangsleistungen, die im direkten Zusammenhang mit den Umsätzen des CEREC-Gerätes stünden, in voller Höhe bei der Umsatzsteuer (USt) abgezogen werden. Wegen der Einzelheiten wird auf das in Kopie zu den Gerichtsakten gegebene Gutachten Bezug genommen
Nach einer Außenprüfung ist das FA von der vom Kl. für das Streitjahr eingereichten USt-Erklärung abgewichen und hat die dem Kl. beim Erwerb des CEREC-Gerätes gesondert in Rechnung gestellten Vorsteuern entsprechend dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BdF) vom 28. Juli 1994 (abgedruckt in Umsatzsteuer-Rundschau 1994, 371) nicht zum Abzug zugelassen.
In dem unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) ergangenen USt-Bescheid vom 31. März 1994 setzte das FA die USt für das Streitjahr auf 1.053 DM fest.
Den gegen den USt-Bescheid eingelegten Einspruch, der am 8. April 1994 beim FA einging, wies das FA mit der am 7. November 1994 zur Post gegebenen Einspruchsentscheidung als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit dem CEREC-Gerät würden keine Zahnprothesen im zolltariflichen Sinn, die nach § 4 Nr. 14 Satz 4 Buchstabe b UStG von der grundsätzlich bestehenden USt-Befreiung der zahnärztlichen Leistungen ausgeschlossen seien, erbracht. Die im CEREC-Verfahren gefertigten Zahnfüllungen und Schalenverblendungen seien vielmehr mit den üblichen Zahnfüllungen vergleichbar. Die in diesem Zusammenhang von dem Zahnarzt zu erbringenden Leistungen (Abtasten des Zahnes mit der Mundkamera, Bearbeiten und Einsetzen des computergesteuert gefertigten Keramikteils) seien als einheitliche sonstige Behandlungsleistung anzusehen, die nach § 4 Nr. 14 UStG von der USt befreit sei. Gemäß § 15 Abs. 2 UStG sei somit auch der Vorsteuerabzug ausgeschlossen.
Hiergegen richtet sich die am 30. November 1994 beim Finanzgericht (FG) eingegangene Klage, zu deren Begründung ergänzend ausgeführt wurde:
Das erstellte Gutachten, auf dessen Inhalt Bezug genommen werde, sei zu dem Ergebnis gekommen, daß es sich bei den mit dem CEREC-Gerät hergestellten Keramikteilen um Zahnprothesen i. S. des Zolltarifs handele, so daß die Leistungen von der USt-Befreiung ausgenommen seien. Diese Auffassung werde auch von der Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe gete...