Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung von Privatkliniken ohne sozialrechtliche Zulassung als Krankenhaus
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Privatklinik, die nicht nach § 108 SGB V als Krankenhaus zugelassen ist, kann sich für die Steuerbefreiung der Umsätze aus der Krankenhausbehandlung und damit eng verbundener Umsätze unmittelbar auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL berufen.
2. Die Beschränkung der Steuerbefreiung für Krankenhausbehandlungen und eng verbundene Umsätze in § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. aa UStG auf zugelassene Krankenhäuser ist nicht mit Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL vereinbar, da sie gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität verstößt.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14 Buchst. b; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. b, Art. 133 Abs. 1, Art. 134
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Anwendung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes 2005 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 (JStG 2009) vom 19. Dezember 2008 (Bundesgesetzblatt I 2008, 2794) -UStG- im Streitjahr 2009.
Die Klägerin betrieb im Streitjahr eine Privatklinik, in deren Räumlichkeiten niedergelassene Ärzte in mehreren Operationsräumen (OP-Räume) operative Eingriffe an gesetzlich und privat versicherten Patienten durchführten. Hierzu stellte die Klägerin den Ärzten die Räumlichkeiten, die Apparate und das nicht ärztliche Personal zur Verfügung. Die anästhesiologischen Leistungen wurden aufgrund eines Kooperationsvertrags zwischen der Klägerin und Fachärzten für Anästhesie erbracht. In der Klinik wurden sowohl ambulante als auch stationäre Eingriffe vorgenommen. Für die operierten Patienten hielt die Klägerin eine Bettenabteilung mit 18 Betten vor, in der die Patienten durch Pflegepersonal betreut und beköstigt wurden.
Die Behandlung gesetzlich versicherter Patienten erfolgte auf der Grundlage des mit Wirkung ab dem Streitjahr zwischen der Kassenärztliche Vereinigung (KV) und den Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossenen Vertrags zur Förderung der Qualität der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich des ambulanten Operierens nach § 73a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch -SGB V- (Strukturvertrag). Nach § 1 des Strukturvertrags werden die ambulanten operativen Eingriffe in Einrichtungen durchgeführt, die die Zugangs- und Qualitätsvoraussetzungen des § 3 des Strukturvertrags erfüllen. Hierbei handelt es sich nach § 3 Nr. 1 des Strukturvertrags um ambulant operative Zentren, zu denen sich ambulant operierende, niedergelassene Vertragsärzte zusammengeschlossen haben. Die Klassifizierung als ambulant operatives Zentrum erfolgt durch die KV auf Antrag der Praxis; die Zuordnung der teilnehmenden Praxis zu einem Zentrum erfolgt u.a. anhand der Betriebsstättennummer (§ 3 Nr. 4 des Strukturvertrags). Der Strukturvertrag sah für die ambulanten Operationen eine Vergütung nach dem Punktwertsystem der gesetzlichen Krankenkassen für die operative Leistung sowie die Sachkosten der OP-Räume und des Hilfspersonals vor.
Bei der Behandlung der gesetzlich versicherten Patienten rechneten die operierenden Ärzte direkt mit den Krankenkassen ab. Die von den Krankenkassen gezahlte Vergütung beinhaltete neben der operativen Leistung sowie den Sachkosten für die OP-Räume und das Hilfspersonal auch die medizinisch notwendige Unterbringung der Patienten im betreuten Schlafen. Die anästhesiologischen Leistungen wurden unmittelbar zwischen den Anästhesisten und den Krankenkassen abgerechnet. Die Klägerin stellte den Ärzten die Kosten für die Nutzung der OP-Räume, die Überlassung des Personals sowie die Unterbringung im betreuten Schlafen in Rechnung; für das betreute Schlafen leisteten die Patienten zudem eine geringe Zuzahlung (Eigenanteil) an die Klägerin. Das Verbrauchsmaterial rechnete die Klägerin unmittelbar mit der AOK als Sammelstelle für die gesetzlichen Krankenkassen ab. Soweit die Patienten der Betriebskrankenkasse (BKK) angehörten, rechnete die Klägerin aufgrund des mit der BKK abgeschlossenen Vertrags zur integrierten Versorgung nach § 140a SGB V Pauschalen unmittelbar mit der BKK ab; die operierenden Ärzte und die beteiligten Anästhesisten erhielten von der Klägerin einen Anteil an der Pauschale.
Bei der Behandlung von Privatpatienten rechnete die Klägerin mit den Patienten bzw. deren privaten Versicherungen Pauschalen für die Sachkostenanteile der Operationskosten ab, von denen ein Teil an die an der Operation beteiligten Ärzte und Anästhesisten weitergeleitet wurde. Stationäre Behandlungen wurden mit einer Gesamtpauschale (DRG) abgerechnet. Die Höhe der Pauschalen entsprach der Vergütung im Bereich der gesetzlichen Krankenkassen. Die operierenden Ärzte stellten den Privatpatienten bzw. ihren privaten Versicherungen zudem die reine Eingriffsleistung gesondert in Rechnung.
Soweit die Behandlungskosten von der gesetzlichen Unfallversicherung getragen wurden, stellte die Klägerin den Berufsgenossenschaften die Sachkostenanteile d...