LfSt Bayern v. 17.11.2010, S 2221.1.1 - 9/29 St 32
Zur Berücksichtigung von Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG ist ergänzend zu der Verfügung vom 16.2.2009, (AIS-Ordner Themen > ESt > Arbeitshilfen/Leitfaden) Folgendes zu beachten:
1. Verfahren
Voraussetzung für die Berücksichtigung von Schulgeldzahlungen als Sonderausgaben ist unter anderem, dass der Besuch einer Schule in freier Trägerschaft oder einer überwiegend privat finanzierten Schule, die im Inland oder in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder im EWR-Gebiet belegen ist, zu einem anerkannten oder einem inländischen Abschluss an einer öffentlichen Schule als gleichwertig anerkannten allgemein bildenden oder berufsbildenden Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führt oder darauf vorbereitet.
Die Prüfung und Feststellung der genannten schulrechtlichen Kriterien obliegt dem zuständigen inländischen Landesministerium (z.B. Schul- oder Kultusministerium), der Kultusministerkonferenz der Länder oder der zuständigen inländischen Zeugnisanerkennungsstelle (ZASt). Die Finanzverwaltung ist an deren Entscheidung gebunden.
Beantragen Steuerpflichtige den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG, ohne dass ein Anerkennungsbescheid einer der o.g. Behörden vorgelegt wird, sind sie an die jeweils zuständige Stelle zu verweisen. In diesen Fällen sind die Steuerpflichtigen auch darauf hinzuweisen, dass die Bestimmung von Art und Umfang der benötigten Unterlagen für die Prüfung der schulrechtlichen Kriterien alleine der jeweils zuständigen Kultusbehörde obliegt. Von einer Anforderung entsprechender Unterlagen durch das FA bitte ich abzusehen.
2. Nachweis der Schulform
Die Schulform, d.h. ob es sich tatsächlich um eine Schule in freier Trägerschaft oder überwiegend privat finanzierte Schule handelt, kann nicht von der ZASt bescheinigt werden. Die Steuerpflichtigen sind deshalb in dieser Frage nicht an die ZASt zu verweisen. Im Zweifel hat der Steuerpflichtige dem FA den Nachweis der Schulform zu liefern. Ein solcher Nachweis soll aber nur angefordert werden, wenn es ernstliche Zweifel daran gibt, dass es sich um eine Schule in freier Trägerschaft oder um eine überwiegend privat finanzierte Schule handelt (z.B. außergewöhnliche niedrige Zahlungen an die Schule).
3. Erwerb eines allgemein bildenden oder berufsbildenden Abschlusses an einer Hochschule im Ausland
In den Bildungssystemen anderer Staaten ist es z.T. möglich, bereits mit einem mittleren Bildungsabschluss (z.B. Realschule) ein Studium an einer Hochschule aufzunehmen. Im Rahmen dieses Studiums wird neben einem Hochschulabschluss (z.B. Diplom) erstmals auch ein allgemein bildender oder berufsbildender Abschluss erreicht. Da nur Zahlungen an eine Schule begünstigt sein können, scheidet die steuerliche Berücksichtigung des entrichteten Entgelts an eine Hochschule aus.
Die ZASt stellt in den genannten Fällen einen Anerkennungsbescheid aus, da auch ein allgemein bildender oder berufsbildender Abschluss erreicht wird und die ZASt die Schulform nicht prüft (vgl. Tz. 2). Ist den eingereichten Unterlagen zu entnehmen, dass im Ausland eine Hochschule besucht wurde, sind Zahlungen – unabhängig vom erreichten Abschluss und einem evtl. erteilten Anerkennungsbescheid der ZASt – nicht abziehbar.
4. Besuch einer ausländischen Privatschule bis zu einem Jahr
Soll ein Kind der Steuerpflichtigen gemäß den in den Schulordnungen getroffenen Regelungen nur für einen festgelegten Zeitraum (z.B. ein halbes oder ein ganzes Jahr) vom Besuch seiner bisherigen (inländischen) Schule beurlaubt werden, um eine Schule im Ausland zu besuchen, behält die Schülerin/der Schüler auch während des Auslandsaufenthalts ihren/seinen Status als Schülerin/Schüler der inländischen Schule und wird nach Beendigung des Auslandsaufenthalts wieder in ihre/seine Schule bzw. das hiesige Schulsystem eingegliedert.
Mit der Beurlaubung wird dem Kind der Steuerpflichtigen von der inländischen Schule eine Schulbesuchsbescheinigung ausgestellt, auf der der Beurlaubungszeitraum und der Auslandsaufenthalt bestätigt werden; nach Beendigung des Auslandsaufenthaltes wird von der inländischen Schule zusätzlich die Wiederaufnahme des hiesigen Schulbesuchs bestätigt. Mit den Schulbesuchsbescheinigungen der inländischen Schule kann gegenüber dem FA dokumentiert werden, dass der Besuch der hiesigen Schule nur unterbrochen wurde, und dass nach Beendigung des Auslandsaufenthaltes der Schulbesuch mit dem Ziel des Erwerbs eines inländischen Schulabschlusses fortgesetzt wird. Eine zusätzliche Bestätigung der ZASt ist nicht erforderlich.
5. Fehlen bewertungsrelevanter Bildungsnachweise (insb. Abschlusszeugnis) bei mehrjährigem Auslandsschulbesuch
Die ausländischen Schulsysteme sind nur teilweise mit dem deutschen Schulsystem vergleichbar. Für den Fall, dass noch keine bewertungsrelevanten Bildungsnachweise (insb. Abschlusszeugnis) vorliegen, ist es für die ZASt i.d.R. nicht möglich abschließend zu beurteilen, ob die ausländische Schule zu einem Abschlus...