Leitsatz

Ein Steuerpflichtiger kann grundsätzlich auf die Richtigkeit einer Spendenbescheinigung vertrauen. Wird eine unrichtige Bestätigung vorsätzlich oder grob fahrlässig ausgestellt, haftet der Aussteller für die entgangene Steuer (§ 10b Abs. 4 EStG).

Vertrauensschutz und Haftung erstrecken sich auch auf die Unentgeltlichkeit der Zuwendung. Beiträge von Eltern, deren Kinder eine Waldorfschule besuchen, zwecks Deckung der Schulkosten, sind nicht "Spenden", sondern Leistungsentgelte. Sie können nicht in abziehbare Vereinsbeiträge umqualifiziert werden.

Setzt der Schulträger das Schulgeld so niedrig an, dass der normale Betrieb der Schule nur durch weitere Zuwendungen der Eltern aufrechterhalten werden kann, handelt es sich auch insoweit um Leistungsentgelte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.08.1999, XI R 65/98

Anmerkung:

Die Waldorfschule berechnete den Eltern in den Jahren 1989 bis 1992 monatlich jeweils 170 DM Schulgeld (für das erste Kind), 80 DM Vereinsbeitrag und 50 DM "Bauspende". Die Eltern mussten Mitglieder werden. Der Betriebsprüfer sah Vereinsbeitrag und Bauspende als zusätzliches Schulgeld an, da die Schulbetriebskosten von monatlich 170 DM je Kind nicht bestritten werden konnten. Die Haftungsbeiträge bemaß der Betriebsprüfer mit 40% (vermuteter durchschnittlicher Einkommensteuersatz der Eltern). Der BFH verwies die Sache an das FG zurück, das noch die Zahlen überprüfen soll. Es kann jedoch keinem Zweifel unterliegen, dass der BFH das Schema des Betriebsprüfers grundsätzlich für zutreffend hält. Der Schulträger kann allenfalls darauf hoffen, dass das FG noch Teile der Vereinsbeiträge und Bauspenden als echte Spenden anerkennt.

Die Folgen für den Schulträger sind fatal. Die Eltern können darauf bestehen, dass ihr Spendenabzug unberührt bleibt. Der Schulträger haftet indessen für den vollen Steuerausfall. Die Haftung kann für ihn existenzbedrohend werden.

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