Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Bestimmte Umsätze der Seeschifffahrt sind unter den Bedingungen des § 4 Nr. 2 und § 8 Abs. 1 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Zu der wesentlichen Voraussetzung gehört es, dass es sich um Schiffe für die Seeschifffahrt (Erwerbsseeschifffahrt) handelt. Bisher war in den Vorgaben des UStAE nur allgemein auf die Seeschifffahrt mit der Feststellung verwiesen worden, dass sich dies nach den Vorschriften für das Seerecht bestimmt.
Die Finanzverwaltung konkretisiert jetzt die Definition der Erwerbsseeschifffahrt und nimmt auch territoriale Abgrenzungen in den UStAE auf. Insbesondere ist jetzt Folgendes geregelt:
- Als Erwerbsseeschifffahrt ist die Schifffahrt seewärts des Küstenmeeres i. S. d. Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10.12.1982 und die Küstenfischerei anzusehen.
- Zur seewärtigen Abgrenzung veröffentlicht jeder Küstenstaat Seekarten oder Verzeichnisse geographischer Koordinaten.
- Die seewärtige Begrenzung des Küstenmeeres der Bundesrepublik Deutschland verläuft im Wesentlichen in einem Abstand von 12 Seemeilen, gemessen von der Niedrigwasserlinie und den geraden Basislinien und ergibt sich aus den Seegrenzkarten 2920 und 2921.
Darüber hinaus ist eine sprachliche Anpassung in den Ausführungen im Abschn. 8.1 Abs. 2 UStAE vorgenommen worden. Während es bisher bei den begünstigten Schiffen um bereits vorhandene Wasserfahrzeuge handeln musste, die nach ihrer Bauart dem Erwerb durch die Seeschifffahrt oder der Rettung Schiffbrüchiger zu dienen bestimmt sind, muss es sich um Schiffe handeln, die diesen Zwecken dienen. Sie müssen dann auch zu diesen Zwecken tatsächlich eingesetzt werden.
Im Zusammenhang mit den Gegenständen, die zur Versorgung der Seeschiffe dienen, wird von der Finanzverwaltung eine (geringfügige) Einschränkung vorgenommen. So gehören nur Lebensmittel, Genussmittel und geringpreisige Non-Food-Artikel, die für den Grundbedarf der Besatzungsmitglieder und Fahrgäste dienen, zu den begünstigten Artikeln. Hinzugefügt zu der Regelung ist die Aussage, dass es sich um geringpreisige Gegenstände handeln muss und dass es zum Grundbedarf der Besatzungsmitglieder und Fahrgäste gehören muss.
Konsequenzen für die Praxis
Die Finanzverwaltung konkretisiert im UStAE den Begriff der Seeschifffahrt und nimmt die territoriale Abgrenzung in die Verwaltungsanweisungen auf. Darüber hinaus erfolgt eine geringfügige Einschränkung bezüglich der Gegenstände, die zur Versorgung eines Seeschiffs bestimmt sind.
Die Grundsätze sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber nicht, wenn für Umsätze, die vor dem 1.1.2021 ausgeführt werden, die bisherigen Regelungen angewendet werden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 15.6.2020, III C 3 – S 7155/19/10003 :001, BStBl 2020 I S. XXX.