Im Streitfall hatten Eltern für ihren schwerstbehinderten Sohn (Behinderung von 100% mit den Merkzeichen G, H und RF) bei der Einkommensteuer 1990 einen Behindertenpauschbetrag von 7.200 DM (§ 33b Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Abs. 5 EStG) sowie den Steuerabzugsbetrag nach § 34 EStG (sog. Baukindergeld) geltend gemacht. Der Sohn hatte sich seit März 1986 in stationärer Behandlung in einem Sonderkrankenhaus befunden. Der Sozialhilfeträger hatte die erforderlichen Unterbringungs- und Pflegekosten , Weihnachtsbeihilfe, Barbeträge für die persönlichen Bedürfnisse sowie Fahrtkosten der Mutter für Besuche des Sohnes gezahlt. Der Sozialhilfeträger war i. ü. nach den §§ 11 bis 13 BSHG und nach § 21 BSHG (nunmehr: § 27 Abs. 3 Satz 1 BSHG ) verpflichtet gewesen, neben den Pflegekosten auch den Lebensunterhalt des behinderten Sohnes umfassend sicherzustellen .
Die vorstehend mitgeteilte Entscheidung beruht auf der Erwägung, daß die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits im Zusammenhang mit der steuerlichen Begünstigung von Unterhaltsaufwendungen ( § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG ) Sozialleistungen als anrechenbare Leistungen Dritter und damit als eigene anrechenbare Bezüge des Unterhaltsempfängers gewertet hat. Dies ist jedenfalls für Unterhaltsbeiträge des Sozialamts entschieden, soweit dieses von einer Rückforderung bei dem gesetzlich unterhaltspflichtigen Steuerpflichtigen abgesehen hat ( BFH, Urteil v. 2. 8. 1974, VI R 148/71, BStBl II S. 143 ).
Der BFH hat es im Hinblick hierauf in der nunmehr veröffentlichten Entscheidung abgelehnt, z. B. Aufwendungen für gemeinsame Urlaubsfahrten sowie für die gelegentliche Verköstigung des Sohnes im Haushalt der Eltern, diesen die beantragte kindbedingte Steuerermäßigung zu gewähren. Diese Aufwendungen waren durch die Leistungen des Sozialhilfeträgers abgedeckt .
Anders dürfte allerdings zu entscheiden sein, wenn es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen der Eltern nicht um solche des existentiell notwendigen Grundbedarfs, sondern des regelmäßigen Mehrbedarfs des Kindes handelt, z. B. also um zu berücksichtigenden Ausbildungsbedarf ( § 33a Abs. 2 EStG ) oder um Krankheitskosten ( § 33 EStG ).
Der BFH verneinte zu Recht Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 32 Abs. 4 Nr. 7 EStG 1990 (derzeit § 32 Abs. 4 Nr. 3 EStG ). Die einschränkende Regelung des § 32 Abs. 4 Nr. 7 EStG 1990 ist jedenfalls insoweit gerechtfertigt, als aus einer Behinderung nicht ohne weiteres typisierend auf die Notwendigkeit der Unterhaltsleistung durch die Eltern geschlossen werden kann. Blieben die Sozialleistungen im Streitfall unberücksichtigt, ständen solche (wohlhabenderen) Eltern in wohl verfassungsrechtlich relevanter Weise schlechter, die in ihrer Leistungsfähigkeit deshalb tatsächlich gemindert sind, weil sie von den Sozialhilfeträgern als Unterhaltspflichtige wegen der entstandenen Kosten in Anspruch genommen werden (vgl. § 90 BSHG ).
Behinderte
Kinderfreibetrag