Leitsatz

Der Nachweis der Steuerfreiheit einer Lieferung nach Art. 67 Abs. 3 des NATO-Zusatzabkommens kann nicht nur durch die Vorlage eines Abwicklungsscheins (§ 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDV) oder diesem gleichgestellte Belege und Aufzeichnungen des Unternehmers (§ 73 Abs. 3 UStDV) geführt werden, sondern auch durch andere Unterlagen, aus denen sich die materiellen Voraussetzungen der Steuerbefreiung aufgrund der objektiven Beweislage ergeben (Weiterführung zum Senatsurteil vom 28.5.2009, V R 23/08, BFH/NV 2009, 1565, BFHE 226, 177).

 

Normenkette

Art. 67 Abs. 3 Buchst. a und c NATO-Zusatzabkommen, § 4 Nr. 7 Buchst. a, § 26 Abs. 5 Nr. 2 UStG 1999, § 73 Abs. 1 und 3 UStDV, Art. 15 6. EG-RL

 

Sachverhalt

C lieferte Hydraulikschläuche an amerikanische Truppenangehörige. Die einzelnen Umsätze lagen jeweils unter 2.500 EUR und wurden unter Verwendung von sog. IMPAC-VISA-Kreditkarten abgerechnet, ohne dass jedoch sog. Abwicklungsscheine über die einzelnen Lieferungen vorlagen. Deshalb versagte das FA die Steuerfreiheit. Die Klage blieb erfolglos.

 

Entscheidung

Die Revision führte zur Zurückverweisung. Das FG (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 1.7.2008, 6 K 1575/06, Haufe-Index 2342185, EFG 2010, 1655) muss im Rahmen einer tatsächlichen Gesamtwürdigung entscheiden, ob trotz Nichtvorliegens der Abwicklungsscheine aufgrund der vorhandenen Belege davon ausgegangen werden kann, dass die materiellen Voraussetzungen der Steuerfreiheit nach Art. 67 Abs. 3 des NATO-Zusatzabkommens – insbesondere die Verwendung nur für die Truppe – erfüllt sind. Verbleibende Zweifel gehen – ebenso wie Zweifel am Vorliegen einer innergemeinschaftlichen oder Ausfuhr-Lieferung – zulasten des Steuerpflichtigen.

 

Hinweis

1. Die Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Ziff. (ii) i.V.m. Ziff. (i) des NATO-Zusatzabkommens gilt "für Lieferungen und sonstige Leistungen an eine Truppe oder ein ziviles Gefolge, die von einer amtlichen Beschaffungsstelle der Truppe oder des zivilen Gefolges in Auftrag gegeben werden und für den Gebrauch oder den Verbrauch durch die Truppe, das zivile Gefolge, ihre Mitglieder oder deren Angehörige bestimmt sind (...)". Dabei sind die Abgabenvergünstigungen "bei der Berechnung des Preises zu berücksichtigen" (Art. 67 Abs. 3 Buchst. a Ziff. [i] des NATO-Zusatzabkommens). Als Nachweis verlangt die UStDV einen Abwicklungsschein.

2. Die Rechtsprechungsgrundsätze zum Nachweiserfordernis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen sind auch hier zu beachten. Wegen der Vergleichbarkeit der Funktion des Abwicklungsscheins mit einem Ausfuhrnachweis hat die Rechtsprechung bereits für die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Abwicklungsschein vorzulegen ist, auf die zu Ausfuhrlieferungen entwickelten Grundsätze zurückgegriffen. Auch dem Abwicklungsschein kann danach keine materiellrechtliche Wirkung zukommen.

3. Soweit es andere vergleichbar verlässliche Verfahren gibt, die den Nachweis der Verwendung belegen können, sind diese zu berücksichtigen. Hier kommt in Betracht, dass das sog. "vereinfachte Verfahren" (Bezahlung mit einer speziellen IMPAC-VISA-Kreditkarte mit bestimmter Nummer bei Beschaffungen unterhalb einer Wertgrenze) im Zusammenhang mit Lieferscheinen als Nachweis für die Verwendung für die Truppe ausreichen kann, wenn dadurch eine andere Verwendung ausgeschlossen erscheint.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 5.7.2012 – V R 10/10

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