Leitsatz
1. Der Streitwert für ein Verfahren, in dem um die Qualifikation gesondert und einheitlich festgestellter Gewinne als der Fünftel-Regelung unterliegende außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG gestritten wird, ist pauschal mit 10 % des streitigen Gewinns zu bemessen, wenn nicht Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die betroffenen Mitunternehmer zu einem Großteil die Tarifvergünstigung nach § 34 Abs. 3 EStG beanspruchen können.
2. Unter den Senaten des BFH gibt es keine Mehrheit für eine Anhebung des Streitwerts von Verfahren wegen AdV. Der Streitwert solcher Verfahren wird auch künftig mit 10 % des Streitwerts in der Hauptsache bemessen.
Normenkette
§ 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 Satz 2 GKG, § 69 Abs. 3 FGO, § 34 Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Zwischen dem FA und einem Leasing-Fonds war streitig gewesen, ob der Verkauf des verleasten Flugzeugs einkommensteuerlich als Veräußerungsgewinn oder als laufender Gewinn zu behandeln war. Gegen einen geänderten Gewinnfeststellungsbescheid, der den Gewinn als nicht tarifbegünstigt auswies, war AdV beantragt worden. FG und BFH hatten die AdV abgelehnt.
Der Verfahrensbevollmächtigte beantragte die Festsetzung des Streitwerts für das AdV-Verfahren.
Entscheidung
Der BFH entschied, der Streitwert belaufe sich auf 1 % vom umstrittenen Gewinn, nämlich 10 % für das AdV-Verfahren und davon wiederum 10 % für den Streit über die Tarifvergünstigung.
Hinweis
1. Das Verfahren betraf zwei Fragen zur Bemessung des Streitwerts. Den Streitwert stellt ein FG bzw. der BFH nur ausnahmsweise förmlich fest, nämlich dann, wenn ein besonderes Rechtsschutzinteresse dafür besteht. Das sah der BFH hier als erfüllt an, weil eine der Fragen noch nicht höchstrichterlich entschieden war und sich auch nicht unmittelbar aus dem Gesetz beantworten lässt.
2. Erstmals nach Einführung der Fünftel-Regelung klärt der BFH nun, wie der Streitwert zu berechnen ist, wenn um die gesonderte Feststellung eines tarifbegünstigten anstelle eines laufenden Gewinns gestritten wird. Bei einem Streit über die Höhe eines Gewinns beträgt der Streitwert im Regelfall 15 %, wobei der Prozentsatz bei sehr hohen Gewinnen anzuheben ist. Wird nur über die Tarifbegünstigung gestritten, bemisst der BFH den Streitwert jetzt grundsätzlich mit 10 % des Gewinns, und zwar unabhängig von dessen Höhe. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass ein Großteil der Feststellungsbeteiligten den 56 %-Steuersatz nach § 34 Abs. 3 EStG beanspruchen kann, ist der Streitwert bis auf 20 % anzuheben.
3. Seit vielen Jahren gibt es keine einheitliche Rechtsprechung der FG zum Streitwert von AdV-Verfahren mehr. Ein Teil der Gerichte geht von 10 % des Hauptsachestreitwerts aus, ein anderer Teil von 25 % des Hauptsachestreitwerts. Der BFH kann hier keine Rechtsvereinheitlichung bewirken, weil die Beschwerde gegen solche Entscheidungen der FG nicht statthaft ist.
Im BFH selbst war man bisher von einem 10 %-Streitwert ausgegangen. Im hiesigen Fall hat der entscheidende Senat die anderen BFH-Senate gefragt, ob sie mit einer Anhebung des Streitwerts auf 25 % einverstanden seien. Dafür sprachen sich aber weniger als die Hälfte der Senate aus. Deshalb behielt der Senat die bisherige Linie bei und setzte den Streitwert auf 10 % fest.
Zu einer Rechtsvereinheitlichung würde diese Entscheidung nur führen, wenn sich alle FG von dieser Handhabung überzeugen ließen. Das erscheint allerdings zweifelhaft.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 17.11.2011 – IV S 15/10