Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerliche Behandlung der Erlöse aus dem Betrieb eines Wohnheims für Aussiedler und Asylanten. Umsatzsteuer 1994
Leitsatz (redaktionell)
Erlöse aus dem Betrieb eines Wohnheims für Aussiedler und Asylanten unterfallen nicht der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, wenn es dem Leistungsverhältnis zwischen dem Heimbetreiber und der Gemeinde als Leistungsempfänger an einer Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzungen eines Grundstücks fehlt, die wesentliches Element einer nach der genannten Vorschrift steuerbefreiten Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken wäre. Hiervon ist auszugehen, wenn die Gemeinde bereits aus eigenem Recht, nämlich als (Haupt-)Pächter des Grundstücks zu dessen Nutzung berechtigt ist, während der Heimbetreiber lediglich als Unterpächter der Gemeinde dieser die Heimplätze zur Verfügung stellt.
Normenkette
UStG 1993 § 4 Nr. 12 Buchst. a S. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Umsatzsteuer aus dem Betrieb eines Aussiedler- und Asylantenwohnheims.
Am 25. September 1992 schloss die Klägerin mit der Stadt E einen Vertrag, in dem sie sich verpflichtete, ab 1. Oktober 1992 auf dem Grundstück B ein Aussiedler- und Asylbewerberwohnheim zu betreiben und die Heimbewohner in bestimmtem Umfang zu versorgen und zu betreuen. Im einzelnen verpflichtete sich die Klägerin, hundert Heimplätze vorzuhalten, jeder aufzunehmenden Person als Mindestausstattung ein Bett einschließlich Bettwäsche, Matratze, Zudecke, Kopfkissen und einen Kleiderschrank zur Verfügung zustellen, für Tische und Stühle in ausreichender Anzahl zu sorgen, die Selbstverpflegung der Bewohner durch die Einrichtung von Gemeinschaftskochstellen und die Anschaffung von Küchen- und Kühlschränken zu ermöglichen sowie die Einrichtungsgegenstände zu unterhalten, zu warten und zu pflegen. Die Klägerin musste die Räumlichkeiten reinigen lassen, Waschmaschinen aufstellen, für Versicherungsschutz sorgen und die Stadt E „im Innenverhältnis von allen Schadensersatzansprüchen Dritter” freistellen, „die sich aus der vertraglichen Nutzung der Mietsache ergeben” könnten. Alle Reparatur- und Personalkosten waren von der Klägerin zu tragen. Als Vergütung sollte die Klägerin pro Person und Tag zunächst einen pauschalen Betrag von 19 DM einschließlich einer möglicherweise anfallenden Umsatzsteuer erhalten.
Der Vertrag enthielt weitere Vereinbarungen in Bezug auf das Grundstück. Dieses gehörte der ROG. Die Stadt E hatte es für den Betrieb des Heims gepachtet. Der monatliche Pachtzins von insgesamt 3.942 DM umfasste zwei Teilbeträge; für den Grund und Boden waren 2.745 DM, für die darauf befindlichen Baracken 1.050 DM zuzüglich 14 v. H. Umsatzsteuer (147 DM) zu zahlen. Die Stadt hatte die Baracken mit erheblichem Aufwand bewohnbar gemacht. Die Klägerin wurde verpflichtet, für das Grundstück und die Baracken als „Pachtzins” monatlich denselben Betrag an die Stadt E zu entrichten, den diese an die ROG zu zahlen hatte („3.942 DM einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer”), darüber hinaus den von der Stadt E in das Grundstück investierten Betrag nebst 5 v. H. Zinsen. Diese Summe wurde im Vertrag mit 264.884,76 DM beziffert und als verlorener Baukostenzuschuss bezeichnet. Die Vertragslaufzeit betrug zunächst fünf Jahre. Die Stadt E kündigte den Vertrag zum 31. Dezember 1994 und zahlte den Baukostenzuschuss anteilig ab 1. Januar 1995 zurück.
Die Klägerin sah ihre Leistungen aus dem Betrieb des Wohnheims als umsatzsteuerfreie Vermietung im Sinne des § 4 Nr. 12 Buchstabe a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) an und meldete für die von der Stadt bezogene Vergütung keine Steuer an. Im Anschluss an eine im Jahr 1999 durchgeführte Betriebsprüfung vertrat der Beklagte die Auffassung, dass die Umsätze aus dem Betrieb des Aussiedler- und Asylantenwohnheim steuerpflichtig seien. Er erhöhte die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer des Streitjahres von 43.778 DM auf 576.943 DM, berücksichtigte Vorsteuern von 16.765 DM und setzte die Steuer mit Änderungsbescheid vom 7. Dezember 1999 – unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung – auf 66.776 DM fest. Den dagegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 17. April 2001 als unbegründet zurück. Er berief sich dabei auf den Erlass des Thüringer Finanzministeriums vom 17. März 1994 – S 7168 A – 1 – 202 – und die entsprechende Verfügung der Oberfinanzdirektion E vom 18. Mai 1994 – S 7168 A – 05 – St 341 – (Kopie Blatt 17/18 der Umsatzsteuerakte), wonach die Einnahmen aus dem Betrieb eines Asylantenwohnheims einschließlich der dabei anfallenden üblichen Nebenleistungen zwar grundsätzlich eine umsatzsteuerfreie Vermietungsleistung im Sinne des § 4 Nr. 12 Buchstabe a UStG sein könnten, selbst wenn der Betreiber die genutzten Gebäude von einem Dritten angemietet habe, dass dies jedoch dann nicht gelte, wenn es sich bei dem Dritten um eine Körperschaft des öffentliche...