rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Photovoltaikanlage auf dem eigenen Haus grundsätzlich keine Liebhaberei
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei dem Betrieb einer Photovoltaikanlage spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass sie in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird; das gilt auch dann, wenn infolge eines hohen Kaufpreises für die hochwertige Anlage, der auf eine Nutzungsdauer von 20 Jahren vorgenommenen AfA und infolge der im Anschaffungsjahr 2013 vergleichsweise niedrigen Einspeisevergütung in den ersten Jahren fast durchgehende Verluste erzielt werden, wenn der erzeugte Strom überwiegend zur Deckung des privaten Strombedarfs genutzt wird und wenn sich der Steuerpflichtige vor dem Kauf auf die Renditeangaben der Hersteller von PV-Anlagen verlassen und kein schlüssiges betriebswirtschaftliches Konzept für die künftigen Erträge erstellt hat.
2. Das Finanzamt hat die zunächst beim BFH eingelegte Revision, Az beim BFH X R 32/19 wieder zurückgenommen, das FG-Urteil ist damit rechtskräftig.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 Sätze 1-2, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Photovoltaikanlage mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wurde und damit der Verlust in Höhe von 261 EUR im Jahre 2016 berücksichtigungsfähig ist oder ob es sich beim Betrieb der Anlage um eine steuerrechtliche Liebhaberei handelt.
Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Die Klägerin erzielt als Verwaltungsangestellte brutto rund 51.000 EUR, der Kläger brutto rund 44.000 EUR. Die Klägerin erwarb im Oktober 2013 eine Photovoltaikanlage (PVA) der Firma A mit einem Leistungsvermögen von 4,5 KW zu Anschaffungskosten in Höhe von 13.904 EUR netto. Der Hersteller gewährt eine lineare Leistungsgarantie von 25 Jahren (Blatt 88 FG-Akte) mit einem maximalen Leistungsabfall von 0,6 Prozent pro Jahr.
Zudem erwarb die Klägerin einen privat finanzierten, nicht im Anlagevermögen befindlichen Stromspeicher für ca. 6.000 EUR. Die Kläger nutzen in ihrem Haus eine Gasheizung.
In 2013 ergab sich, u.a. wegen der Umsatzsteuer, ein Verlust von 3.313 EUR, in 2014 ein Gewinn von 2.716 EUR, zum größten Teil die Vorsteuererstattung. In 2015 betrug der Verlust 783 EUR, im Streitjahr 2016 belief er sich auf 261 EUR, in 2017 auf rund 328 EUR und in 2018 auf rund 140 EUR.
Der Beklagte erkannte den Verlust nicht an, da sich die Anschaffung der Anlage angesichts der Abschreibung und der geringen Einspeisevergütung (zunächst 0,1427 EUR, ab 09/2019 0,1033 EUR) niemals lohnen könne und daher eine sogenannte „steuerrechtliche Liebhaberei” vorläge. Der Einspruch blieb erfolglos.
Die Kläger tragen vor, sie hätten selbstverständlich sehr wohl die Absicht, Gewinne zu erzielen. Sie hätten mit Bedacht eine besonders hochwertige Anlage ausgewählt, die deutlich länger als 20 Jahre Strom produzieren werde. Der Hersteller garantiere zudem einen maximalen Leistungsabfall von 0,6 Prozent pro Jahr, üblich seien 2 v.H. pro Jahr. Das Fraunhofer-Institut gehe bei vergleichbaren Anlagen von einer Lebensdauer von bis zu 40 Jahren aus. Allerspätestens nach 20 Jahren, wenn keine AfA mehr berücksichtigt werde, käme es zu Gewinnen.
Der Strom werde zwar auch eigengenutzt, aber schließlich versteuert. Die Entnahmen durch selbstgenutzten Strom betrügen im Zeitraum von 2014 bis 2017 im Durchschnitt 54,3 % (Anlage 1 der Klageschrift vom 29.01.2018).
Zudem würden die Strompreise sicherlich stark ansteigen. Für private Haushalte hätten sie sich von Januar 2000 bis August 2014 nahezu verdoppelt (Blatt 22 FG-Akte Quelle: Statistisches Bundesamt, Daten zur Energiepreisentwicklung). Bei einer damit belegten Preissteigerung von rund 6,13 v.H. pro Jahr ergäbe sich mutmaßlich ein Gewinn in Höhe von 1.670 EUR (Blatt 15 FG).
Die Gewinnprognosen des Beklagten (z.B. Prognose Vorblatt Bilanz-Heft sowie die im Klageverfahren nachgereichten) überzeugten nicht. Niemand könne die Strompreisentwicklung sicher vorhersehen, aber erhebliche Preissteigerungen seien äußerst wahrscheinlich. Die Kläger hätten als Aufwand nur die Abschreibung und die Versicherung. Sie hätten auch keine weiteren Kosten in den betrieblichen Bereich verlagert, weitere Einsparmöglichkeiten bestünden mithin nicht, nur die Vergütung für den Steuerberater könne man sparen. Sie müssten gegebenenfalls die Anlage demontieren und mit Verlust verkaufen. Angesichts der Einkommensverhältnisse der Kläger sei auch die mutmaßliche Steuerersparnis sehr gering. Diese sei keineswegs die Motivation für die Anschaffung der Anlage, denn selbstverständlich hätten beide erwartet, langfristig Gewinne zu erzielen.
In vielen Zeitungen, Zeitschriften und im Internet werde seit Jahren und auch heute noch damit geworben, dass man mit solchen Anlagen Gewinne mache.
Aktuell sei eine Erweiterung der Anlage um 1,3 kW beabsichtigt. Diese koste 938,49 EUR netto. Die Montage solle in Eigenleistung erfolgen. Die Materialkosten für die Montage seien im Angebot bereits enthalten. Es entstünden nur noch Kosten für das Anschließen an die be...