Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenständige Prüfungs- und Entscheidungskompetenz der Hauptzollämter über die Zugehörigkeit eines Unternehmens zum Produzierenden Gewerbe als Voraussetzung für eine Mineralölsteuererstattung. Vorbereitung von Pflanzen für die Teeherstellung kein „Produzierendes Gewerbe”
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Entscheidung über die Erstattung der Mineralölsteuer nach § 25 Abs. 1 Nr. 5a MinöSt hat das Hauptzollamt ein vom Stromsteuergesetz unabhängiges Prüfungsrecht, ob das die Erstattung begehrende Unternehmen dem Produzierenden Gewerbe zuzuordnen ist, und ist nicht an die Eingruppierung des Unternehmens durch das Statistische Landesamt gebunden.
2. Ein Unternehmen, das erntefrische Heil- und Gewürzpflanzen erwirbt, diese Pflanzen lagert, trocknet, reinigt, ggf. wäscht (Baldrianwurzeln), sortiert, schneidet, trennt und fraktioniert, um sie dann verpackt und ungemischt, nicht dosiert und nicht in Aufmachungen für den Einzelverkauf verpackt, an andere Unternehmen zu verkaufen, die dann die Pflanzen als Tees z. B. in Aufgussbeutel abfüllen, ggf. verschiedene Teesorten zu offenen Tees mischen, Extraktionsschnitte für spezielle Extrakte sowie Pulver für Kapseln und andere Darreichungsformen herstellen, war in den Jahren 2000 und 2001 nicht dem Produzierenden Gewerbe, sondern dem Großhandel mit Nahrungsmitteln zuzuordnen.
Normenkette
MinöStG § 25 Abs. 1 Nr. 5a; StromStG § 2 S. 1 Nr. 3; StromStV § 8 Abs. 2, § 15 Abs. 1; AO § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Einordnung der Klägerin als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes für die Steuerentlastung nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 a des bis zum 31. Juli 2006 geltenden Mineralölsteuergesetzes (MinöStG).
Unternehmensgegenstand der Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ist die Verarbeitung landwirtschaftlicher Rohstoffe. Nach der Gewerbeanmeldung geht sie dem Waschen, Zerkleinern, Trocknen und Schneiden von Baldrianwurzeln, Trocknen, Schneiden, Sichten, Fraktionieren von Kraut- und Blütendrogen (1. Verarbeitungsstufe) sowie der Lagerung und dem Handel mit Agrarprodukten nach. Für die einzelnen Tätigkeiten verwendet sie Strom, Erd- und Flüssiggas. Die Wertschöpfung für beide Tätigkeitsbereiche ermittelte sie für 2000 mit 38 v. H. für den Großhandel mit Getreide, Saaten und Futtermitteln sowie mit 81 v. H. für die Sonderkulturen.
Das Thüringer Landesamt für Statistik gruppierte die Klägerin auf ihren Antrag hin mit Schreiben vom 28. August 2002 nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige – Ausgabe 1993 – (WZ) in den Abschnitt D „Verarbeitendes Gewerbe” und dort in die Klasse 15.86 – Verarbeitung von Kaffee und Tee – ein.
Die Klägerin beantragte gem. § 9 Abs. 3 und 4 des Stromsteuergesetzes (StromStG) die Erlaubnis zur Entnahme steuerbegünstigten Stroms, die ihr der Beklagte am 20. April 2000 widerruflich erteilte. Daneben begehrte die Klägerin für das von ihr im Jahr 2000 zu Produktionszwecken genutzte Flüssig- und Erdgas nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 a MinöStG eine Mineralölsteuererstattung in Höhe von 7.390,98 EUR. Diese wurde ihr antragsgemäß gewährt. Dem Erstattungsantrag für 2001 in Höhe von 4.959,81 EUR kam das Hauptzollamt (HZA) wegen einer bei der Klägerin im Jahr 2001 begonnenen Außenprüfung, die u. a. die Überprüfung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Strom- und Mineralölsteuervergünstigung zum Gegenstand hatte, nicht nach.
Der Prüfer stellte – unstreitig – fest, dass die Klägerin erntefrische Heil- und Gewürzpflanzen erwarb. Diese Pflanzen lagerte, trocknete, reinigte, ggf. wusch (Baldrianwurzeln), sortierte, schnitt, trennte und fraktionierte sie, um sie dann verpackt und ungemischt, nicht dosiert und nicht in Aufmachungen für den Einzelverkauf verpackt, an andere Unternehmen zu verkaufen. Erst die Erwerber füllten die Tees z. B. in Aufgussbeutel ab, mischten ggf. verschiedene Teesorten zu offenen Tees und stellten Extraktionsschnitte für spezielle Extrakte sowie Pulver für Kapseln und andere Darreichungsformen her. Aus den von ihm festgestellten Tätigkeiten schloss der Prüfer nach einer Rückfrage beim Statistischen Bundesamt, dass das Unternehmen der Klägerin nicht dem Produzierenden Gewerbe, sondern dem Großhandel mit Getreide, Saaten und Futtermitteln (Klasse 51.21.0 WZ) zuzuordnen sei. Die Klägerin erfülle somit nicht die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung des § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 a MinöStG. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht Bezug genommen.
Der Beklagte folgte der Auffassung. Er widerrief die Erlaubnis zur Entnahme steuerbegünstigten Stroms mit Bescheid vom 10. Januar 2003, der durch die Rücknahme der hiergegen gerichteten Klage bestandskräftig wurde (Thüringer Finanzgericht Az.: II 1167/03). Daneben forderte er mit Bescheid vom 9. Januar 2...