Entscheidungsstichwort (Thema)

Getreideaufbereitung als Betrieb des verarbeitenden Gewerbes für die Gewährung von Investitionszulage. Investitionszulage 1993

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei einem den Großhandel mit landwirtschaftlichen Urprodukten betreibenden Unternehmen ist der Tätigkeitsbereich der Getreideaufbereitung, wozu der gesamte Bereich des Schaffens von mahlfertigen Getreidemischungen aus verschiedenen Körnersorten und von Braugerste aus Gerstenkörnern rechnet, dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen und stellt nicht lediglich eine handelsübliche Be- und Verarbeitung im Rahmen der ausgeübten Handelstätigkeit dar.

2. Erfordert die sonst im Einzelhandel übliche Manipulation beträchtliche maschinelle Vorrichtungen, so dass sie auf den Großhandel vorverlegt wird, ist eine Verarbeitung anzunehmen, wenn auf die Ware selbst eingewirkt wird, so dass ein neues Produkt hergestellt wird.

 

Normenkette

InvZulG 1993 § 3 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.03.2006; Aktenzeichen III R 49/04)

BFH (Urteil vom 24.03.2006; Aktenzeichen III R 49/04)

 

Tenor

1. Der Beklagte wird verpflichtet, die Investitionszulage für 1993 unter Aufhebung des Investitionszulagebescheides vom 7. Februar 1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 2000 auf 7.844,24 EUR (15.342 DM) festzusetzen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens bis zur mündlichen Verhandlung zu einem Drittel, der Beklagte zu zwei Drittel zu tragen. Für die Zeit danach hat der Beklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten der Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit diese nicht zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

 

Tatbestand

Streitig ist die Einstufung des Betriebs der Klägerin als Handel oder verarbeitendes Gewerbe für die Gewährung von Investitionszulage.

Die Klägerin beantragte für verschiedene Wirtschaftsgüter mit Schreiben vom 16. September 1994 für das Kalenderjahr 1993 Investitionszulage in Höhe von 22.895,30 DM.

Mit Bescheid vom 7. Februar 1995 lehnte das Finanzamt die Festsetzung einer Investitionszulage für das Jahr 1993 ab.

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein.

In der Zeit von 1996 bis 1998 führte das Bundesamt für Finanzen bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Hierbei kam es zu dem Schluss, dass die Klägerin nicht dem verarbeitenden Gewerbe, sondern dem Handel zuzuordnen sei. Denn die Klägerin reinige, trockne, lagere und mische das Getreide und liefere es dann mühlengereinigt an den Kunden. Veredelung und Mischen des Getreides stellten keine Verarbeitung dar.

Mit Schreiben vom 17. März 2000 teilte die Klägerin mit, dass die Erlöse aus der Getreideverarbeitung in den Jahren 1993 bis 1998 zwischen 71 v. H. und 82 v. H. der betrieblichen Tätigkeit ausmachten. Der Schwerpunkt der Wertschöpfung der Klägerin liege demnach im Bereich der Getreideverarbeitung. Diese laufe folgendermaßen ab:

„Be- und Verarbeitung des Rohgetreides im Rahmen der Getreideaufbereitung mit Prozessbeschreibung der GmbH

I. Ausgangsprodukte

Ungereinigtes Getreide und somit Rohware direkt vom landwirtschaftlichen Erzeuger:

Roggen

Weizen

Gerste

Raps

Mais

II. Verarbeitungsschritte

Die Verarbeitungsschritte sind im Einzelnen:

1. Anlieferung des Rohgetreides vom landwirtschaftlichen Erzeuger

2. Handelsübliche Grobreinigung (1. Reinigungsstufe mit 150 t / h)

3. Einlagerung in Annahmebunker und Bemusterung je Anlieferung

4. Qualitätsanalyse je Anlieferung im Labor durch Laboranten und Einstufung in Qualitätsgruppen

  1. Analyse nach Wassergehalt
  2. Analyse nach Proteingehalt
  3. Analyse nach Hektolitergewicht
  4. Besatzanalyse
  5. Analyse der Fallzahl nach der Methode Hagberg
  6. Analyse der Eiweißqualität (Sedimentationswert nach Zeleny)
  7. Mahlversuch
  8. Backversuch

5. Getreidetrocknung nach Bedarf wenn nicht lagerfähig, d. h. über 14 % Wassergehalt

6. Separierung in Einzelzellen nach Endverwendungszweck

7. Prozentuale Zusammenstellung der Getreidemischungen nach vorgegebenem Endverwendungszweck über so genannte Mengenregler.

Endverwendungszweck:

Weizen- bzw. Roggenmischung für

  1. Weizenmehl für Keksherstellung
  2. Weizenmehl für Toastherstellung
  3. Weizenmehl für Brötchenherstellung
  4. Speiseweizen (für Weizenflocken)
  5. Weizenmehl für Stärkeindustrie
  6. Weizenmehl für derivatisierte Mehle
  7. Roggenmehl für Backwarenindustrie
  8. Roggenmehl für Knäckebrotherstellung
  9. Roggenmehl für Vollkornprodukte
  10. Speiseroggen (für Roggenflocken)

8. Zweite Reinigungsstufe

In der 2. Reinigungsstufe erfolgen bei einer Leistung von 50 t/ h folgende Prozesse:

Luftwäsche

Siebreinigung

Metallauslese

Einlagerung in Produktzellen

9. Entnahme aus Produktzellen und weiter gehende Veredlung

(3. Reinigungsstufe)

In der 3. Reinigungsstufe werden mit einer Leistung von 10 t / h eine Vielzahl von Bearbeitungsschritten in Spezialreinigungsmaschinen ausgeführt:

  1. Luftwäsche im Steigsichter
  2. Siebreinigung im Seperator
  3. Leichtkorn- und Steinauslese
  4. Metallauslese und Rundkornauslese
  5. Getreidenetzung und Strukturveränderung durch Ab...

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