Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückzahlung der dem Insolvenzschuldner in Rechnung gestellten Leistungsentgelte nach Anfechtung durch den Insolvenzverwalter. Umsatzsteuer-Berichtigungsanspruch ist Masseverbindlichkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Berichtigungsanspruch nach § 17 Abs. 1 S. 2 UStG aufgrund der Rückzahlung der dem Insolvenzschuldner in Rechnung gestellten Leistungsentgelte nach insolvenzrechtlicher Anfechtung ist eine Masseverbindlichkeit i. S. v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO und somit bei der Umsatzsteuerfestsetzung für den Zeitraum der Rückgewähr zu berücksichtigen.

 

Normenkette

UStG § 17 Abs. 1; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 38

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 27.09.2017; Aktenzeichen XI R 18/16)

BFH (Beschluss vom 27.09.2017; Aktenzeichen XI R 18/16)

 

Tenor

1. Unter Abänderung der Bescheide über Umsatzsteuer 2008 und 2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2013 wird die Umsatzsteuer des Jahres 2008 auf -1.262,14 EUR und die Umsatzsteuer des Jahres 2010 auf 3.949,91 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Umstritten ist, ob es sich bei der Umsatzsteuerschuld aus Vorsteuerberichtigungen, aufgrund erfolgreicher Anfechtungen gegenüber Insolvenzgläubigern, um Masseverbindlichkeiten handelt.

Der Kläger wurde mit Beschluss vom 14. August 2007 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der ABC GmbH bestellt. In den Streitjahren vereinnahmte der Kläger aus erfolgreichen insolvenzrechtlichen Anfechtungen Beträge in Höhe von 9.700 EUR in 2008 und 46.380,37 EUR im Jahr 2010. Aus einer vom Kläger im Veranlagungsverfahren nachgereichten Aufstellung ermittelte der Beklagte daraus einen vorsteuerbehafteten Betrag in 2008 in Höhe von 1.700 EUR und für 2010 einen Betrag in Höhe von 27.174,78 EUR. Dem entsprechend führte der Beklagte eine Vorsteuerkorrektur durch und forderte mit geänderten Umsatzsteuerbescheiden für 2008 und 2010 vom 27. April 2012 bzw. vom 4. Mai 2012 Vorsteuern in Höhe von 271,42 EUR und 4.338,65 EUR zurück.

Die dagegen mit der Begründung eingelegten Einsprüche, eine derartige Korrektur sei allenfalls im Steuerkreis des Insolvenzschuldners, nicht jedoch bei der Massesteuernummer vorzunehmen, wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20. März 2013 als unbegründet zurück.

Mit der dagegen erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass der Beklagte fälschlicherweise davon ausgehe, dass sämtliche streitigen Vorsteuerbeträge auf einen Steuersatz von 19 % beruhen würden, denn von den eingezogenen Rechnungen seien 16.389,66 EUR mit einem Steuersatz von 16 % und lediglich 9.609,46 EUR mit einem Umsatzsteuersatz von 19 % versteuert worden. Zu Unrecht gehe der Beklagte davon aus, dass es sich bei der Vorsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 1 Satz 1, 2, 7 UStG um eine Masseverbindlichkeit handele, vielmehr sei diese Umsatzsteuer allenfalls zur Insolvenztabelle anzumelden. Die aus Sicht des Beklagten als Anspruchsgrundlage in Frage kommende Bestimmung des § 17 Abs. 1 Satz 1, 2, 7 UStG erfasse lediglich die Fälle, in denen sich die Bemessungsgrundlage geändert habe. Eine solche Änderung der Bemessungsgrundlage liege aber vorliegend nicht vor, denn die Anfechtung richte sich nicht gegen die Willenserklärungen, die zum Vertragsabschluss geführt haben, sondern gegen die Rechtshandlung der Zahlung durch den Insolvenzschuldner. Anders als die Anfechtung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch führe eine Anfechtung im Insolvenzrecht nicht zur rückwirkenden Aufhebung des Vertrages. Angefochten sei hier lediglich der Realakt, die Zahlung durch den Insolvenzschuldner. Auch sei darin keine Rechtshandlung des Klägers zu sehen, die nach § 55 Abs. 1 InsO eine Masseverbindlichkeit begründen würde. Eine solche läge lediglich vor, wenn der Insolvenzverwalter Rechtshandlungen vornimmt, die zu Rechtsgeschäften und dergleichen führen würden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Umsatzsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 2 UStG, wenn Zahlungen auf vor der Insolvenzeröffnung erbrachten Leistungen des Insolvenzschuldners erst nach Insolvenzeröffnung erfolgen (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2010, V R 22/10, BStBl II 2011, 996). Zudem sei zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall die zugrundeliegende Nettoforderung des Insolvenzgläubigers nach erfolgreicher Anfechtung nur als Tabellenforderung zu handeln sei, während der zu berichtigende Vorsteuererstattungsanspruch des Beklagten nun eine Masseverbindlichkeit darstelle. Dies würde zu einer nicht gewollten Bevorzugung des Gläubigerfinanzamts gegenüber einem zivilrechtlichen Gläubiger führen.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide über Umsatzsteuer 2008 und 2010, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22. März 2013, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte stellt in Aussicht, die Umsatzsteuerbescheide unter Berücksichtigung des Klagevortrags dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteu...

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