Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung des Finanzamts an die vertragliche Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein Grundstück auch bei Sonderabschreibungen nach dem FördG. Nennenswerte Zweifel an der Richtigkeit der vertraglichen Aufteilung
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Finanzamt ist an eine von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück auf die einzelnen Wirtschaftsgüter grundsätzlich gebunden. Diese Grundsätze gelten auch für Fälle der Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach dem FördG.
2. Die Verteilung der Kosten kann nur bei nennenswerten Zweifeln an der Richtigkeit der vertraglichen Aufteilung geändert werden. Dies mag bei verwandtschaftlichen oder gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zwischen Verkäufer und Käufer und einem nicht unerheblichen Unterschreiten der Einkaufspreise nahe liegen; nicht jedoch allein aufgrund der gleichgerichteten Interessen des Käufers und Verkäufers an einer hohen Bemessungsgrundlage für die Sonder-AfA nach dem FördG.
3. Nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung des Gesamtkaufpreises für ein Grundstück bestehen bei einer noch nicht einmal 10-prozentigen Unterschreitung des Bodenrichtwertes nicht.
Normenkette
FördG § 3; AO § 42
Nachgehend
Tenor
1. Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung für 1998 bis 2002 vom 9. Juli 2003, geändert durch Bescheid vom 16. September 2003, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. August 2005, werden aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Aufteilung eines Kaufpreises für Wohnungserwerbe und damit die Bemessungsgrundlage für Abschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz.
Die beigeladene X GmbH erwarb mit Kaufvertrag vom 13. Mai 1998 das bebaute Grundstück in A-Stadt mit 541 qm. Der Grundbesitz wurde in Wohnungseigentum aufgeteilt. Sie veräußerte die einzelnen Wohnungen an mehrere Erwerber. Zudem verpflichtete sie sich, die Wohnungen zu sanieren. Der Kaufpreis betrug insgesamt 840.000 DM, auf den Grund und Boden entfielen lt. Kaufvertragsurkunde 155.000 DM, 685.000 DM waren für den Altbau zu entrichten. Die Beigeladene wandte 1.094.412 DM für die Sanierung auf. Der Preis für den Grund und Boden lag mithin bei 286,50 DM/qm (155.000 DM: 541 qm = 286,50 DM = ca. 146,48 EUR/qm). Die Bodenrichtwerte zum 31.12.1996 und 1998 betrugen in A-Stadt nach Angaben des Beklagten jeweils 400 DM/qm. Die Beigeladene teilte bei Veräußerung den Kaufpreis in einen Anteil für Grund und Boden, Gebäude und die Sanierungsverpflichtung auf. Wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf die Übersicht Bl. 232 ff DIN A4-Ordner des Beklagten. Die Kaufverträge über die Wohnungen datieren im Wesentlichen aus der Zeit vom Oktober bis Dezember 1998. Die Sanierung wurde zum 1. Juli 1999 durch die Firma Y GmbH in C-Stadt abgeschlossen. Die Besteuerungsgrundlagen waren gem. § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO und §§ 3 und 4 Fördergebietsgesetz einheitlich und gesondert festzustellen. Der Beklagte folgte zunächst der Erklärung der Beigeladenen im Bescheid vom 5. März 2003. Nach einer abgekürzten Außenprüfung nahm der Beklagte an, dass die Beigeladene den Anteil der Modernisierungs- und Sanierungsaufwendungen durch die sog. „Restwertmethode” ermittelt habe. Der Beklagte meint, der Gesamtkaufpreis sei entsprechend Teilziffer 3.2.2 des Bauherrenerlasses (BMF-Schreiben vom 31. August 1990, BStBl 1990 Teil I, S. 366) aufzuteilen. Die Vereinbarungen der Beteiligten im Kaufvertrag seien nicht maßgeblich. Der Beklagte möchte den Gewinnaufschlag gleichmäßig auf alle drei Wirtschaftsgüter verteilen.
Es ergeben sich folgende Werte (minimal gerundet):
|
Grund /Boden |
Altbestand |
Modernisierung |
Gesamt |
Verhältnis vor Sanierung: |
155.000 DM = 18,45 % des Gesamtkaufpreises |
685.000 DM = 81,55 % des Gesamtkaufpreises |
|
840.000 DM = 100 % |
Kaufpreis und Sanierung |
155.000 DM = 79.250 EUR = 8,01 % |
685.000 DM = 350.234 EUR = 35,41 % |
1.094.412 DM = 559.564 EUR = 56,58 % |
1.934.412 DM = 989.049 EUR = 100 % |
Verkaufspreis |
101.338 EUR = ca. 6,1 % |
357.784 EUR = 21,5 % |
1.205.163 EUR= 72,4 % |
1.664.285 EUR = 100 % |
Wert des Beklagten |
133.355 EUR = 8,01 % |
589.344 EUR = 35,41 % |
941.589 EUR = 56,58 % |
1.664.285 EUR = 100 % |
Entsprechend dieser Feststellungen ergingen die Änderungsbescheide vom 9. Juli 2003 und wegen einer offenbaren Unrichtigkeit vom 16. September 2003. Zu dem Einspruchsverfahren der Beigeladenen wurden die jetzigen Beteiligten der Klägerin als Einzelpersonen notwendig hinzugezogen. Der Beklagte wi...