Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel. Erwerb eines Erbbaurechts und zeitnahe Weiterveräußerung mitsamt einem darauf zu errichtenden Behördengebäude. Einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1995
Leitsatz (redaktionell)
Der Erwerb eines Erbbaurechts und die zeitnahe Weiterveräußerung mitsamt einem auf dem Erbbaurechtsgrundstück zu errichtenden Behördengebäude begründet keinen gewerblichen Grundstückshandel, wenn die ursprünglichen Planungen des Veräußerers nach seinem glaubhaften und widerspruchsfreien Vortrag auf eine langfristige Vermietung des Objekts angelegt waren, und die Vermietungsabsicht erst auf Druck der finanzierenden Bank aufgegeben worden ist, die die Veräußerung des Objekts wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Veräußerers für erforderlich gehalten hatte.
Normenkette
EStG 1990 § 15 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1995 vom 14. November 1996, geändert durch Bescheid vom 25. Juli 1997, dieser in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Februar 1998, wird dahingehend geändert, das lediglich Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 142.516,45 Euro (= 278.737,94 DM) festgestellt werden.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der zu erstattenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin durch Errichtung und Veräußerung des Finanzamtsgebäudes in der Mittelhäuser Straße 64 f in A-Stadt gewerblich tätig war.
Im April 1992 erhielt Herr Frank X von seiner Familie das Angebot, ein Grundstück zu erwerben, um hierauf ein Behördengebäude zu errichten. Im Frühjahr 1993 gründeten die Herren X und XX die Klägerin. Deren Zweck bestand in der Errichtung des Bürogebäudes und anschließenden Vermietung an den Freistaat zur Unterbringung des Finanzamts A-Stadt. Die Gesellschaft sollte mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages beginnen und bei einer Veräußerung des Gebäudes enden.
Im Juni 1993 erhielt die Klägerin den Zuschlag des Finanzministeriums. Am 1. Dezember 1993 wurde ein Mietvertrag für mindestens zehn Jahre abgeschlossen Der Mieter erhielt eine Verlängerungsoption für mindestens weitere fünf Jahre. Die Kaltmiete sollte sich auf 20,50 DM pro Quadratmeter belaufen, was bei einer Bürofläche von etwa 7.000 qm einer Monatsmiete von etwa 142.000 DM entsprach. Im Februar 1994 erhielt die Klägerin eine Darlehenszusage der Bank. Im März 1994 schloss die Klägerin mit einem Herrn XXX einen auf fünf Jahre unkündbaren Beratungsvertrag in Bezug auf finanz-und betriebswirtschaftliche Maßnahmen.
Die Stadt A-Stadt versagte für das Grundstück, das die Klägerin zur Vermietung vorgesehen hatte, die – zunächst in Aussicht gestellte – Baugenehmigung. Der Freistaat bestand jedoch auf der Erfüllung des Mietvertrages.
Die Klägerin erwarb nunmehr mit Vertrag vom 22. September 1994 gegen Zahlung eines jährlichen Erbbauzinses in Höhe von 80.000 DM ein Erbbaurecht an dem seinerzeit noch unbebauten Grundstück in A-Stadt, auf dem sich jetzt das Finanzamt befindet. Am 15. November 1994 schloss die Klägerin mit dem Freistaat einen neuen Mietvertrag über das noch zu errichtende Finanzamtsgebäude. Der Mietzins sollte jetzt nur noch 17,25 DM/qm und damit etwa 120.000 DM monatlich betragen. Daraufhin veräußerte die Klägerin mit Vertrag vom 4. Dezember 1994 das Erbbaurecht an die Immobilien GmbH an der die Gesellschafter der Klägerin nicht beteiligt waren. Der Kaufpreis betrug zunächst etwa 16,7 Mio. DM; er umfasste das noch von der Klägerin zu errichtende Finanzamtsgebäude. Die Erwerberin übernahm den Mietvertrag mit dem Freistaat.
Am 21. Dezember 1994 erteilte die Stadt für das Bürogebäude des Finanzamts die Baugenehmigung. Am 19. Januar 1995 schlossen die Klägerin und das Bauunternehmen X-GmbH einen Generalunternehmervertrag zur Erstellung des Bürogebäudes, zu dessen Finanzierung die Klägerin am 21. März 1995 eine Bankbürgschaft erhielt.
Mit Vertrag vom 29. März 1995 wurde der Kaufpreis für das Erbbaurecht auf rund 16,9 Mio. DM erhöht. Am 20. April 1995 zahlte die Immobilien GmbH an die Klägerin etwa 16,4 Mio. DM.
Der Beklagte sah die Vorgänge um den Ankauf, den Verkauf und die Bebauung des Erbbaurechts als gewerbliche Tätigkeit der Klägerin an. Er stellte mit Schätzungsbescheid vom
28. Oktober 1996 zunächst gewerbliche Einkünfte in Höhe von 3,0 Mio. DM fest. Daraufhin gab die Klägerin am 30. Oktober 1996 eine Feststellungserklärung ab, in der sie Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 268.196 DM erklärte; sie beruhten auf der Verzinsung des von der Immobilien GmbH bezahlten und noch nicht für den Bau des Bürogebäudes verbrauchten Kaufpreises. Der Beklagte erhöhte diese Einkünfte um den von...