Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein ARAP für auf das nächste Wirtschaftsjahr entfallende Kfz-Steuer
Leitsatz (redaktionell)
1. Aufwendungen für gezahlte Kraftfahrzeugsteuern sind nicht aktiv abzugrenzen, soweit die Steuer rechnerisch auf die Zulassungszeit im nachfolgenden Wirtschafts-/Kalenderjahr entfällt (entgegen R 20 Abs. 1 EStR 2001, R 4.9 EStR 2005).
2. Die Kraftfahrzeugsteuer ist eine Steuer i. S. d. § 3 Abs. 1 AO. Sie ist damit eine Geldleistung, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung des Staates darstellt. Sie wird von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen dann auferlegt wird, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Für ihre Entstehung ist lediglich Voraussetzung, dass ein Fahrzeug zum Verkehr auf öffentlichen Straßen gehalten wird, § 1 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG). Selbst die widerrechtliche Benutzung von Fahrzeugen führt zur Steuerpflicht.
3. Zwar wird die Steuer grundsätzlich jährlich erhoben und bei Veränderungen von Steuersatz, Bemessungsgrundlage oder bei Abmeldung taggenau berechnet. Die Festsetzung der Steuer erfolgt jedoch, wenn das Ende der Steuerpflicht nicht feststeht, unbefristet. Damit fehlt es an dem Merkmal der „bestimmten Zeit” in § 5 Abs. 5 Satz 1 EStG, wonach die Zeit, der die abzugrenzenden Ausgaben zuzurechnen sind, festliegen muss und nicht nur geschätzt werden kann.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 4; HGB § 250 Abs. 1 S. 1; AO § 3 Abs. 1; KraftStG; KStG § 8 Abs. 1; EStR 2001 R 20 Abs. 1; EStR 2005 R 4.9
Nachgehend
Tenor
1. Unter Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben für Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 43.797,00 EUR ist der Steuerbilanzgewinn 2002 neu zu ermitteln und die angefochtenen Bescheide über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 2002 sowie Gewerbesteuermessbetrag 2002, jeweils vom 30. Juni 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 8. Mai 2006, sind entsprechend zu ändern.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Strittig ist, ob für Aufwendungen für Kraftfahrzeugsteuern ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) gebildet werden muss, soweit die Steuer noch auf die voraussichtliche Zulassungszeit der Fahrzeuge im nachfolgenden Kalenderjahr entfällt.
Die Klägerin betreibt eine Spedition in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Ihren Gewinn ermittelt sie gemäß § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 7 Abs. 4 und § 8 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB). Ihr Wirtschaftsjahr entspricht dem Kalenderjahr.
Im Streitjahr 2002 machte sie in ihrer Gewinnermittlung 97.984,94 EUR als Betriebsausgaben für Kraftfahrzeugsteuern geltend. Davon entfielen rechnerisch 43.797,00 EUR auf die Zulassungszeit der Fahrzeuge im nachfolgenden Wirtschaftsjahr.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung nahm die Prüferin für diesen Betrag eine aktive Rechnungsabgrenzung vor, was zu einer entsprechenden Gewinnerhöhung führte. Sie stützte sich zur Begründung auf R 20 Abs. 1 der Einkommensteuerrichtlinie 2001 (EStR 2001), wonach der Gewinn des laufenden Jahres durch die Kraftfahrzeugsteuer nur insoweit gemindert werden dürfe, als der Erhebungszeitraum für die Steuer in das Wirtschaftsjahr falle.
In Auswertung des Prüfungsberichts erließ das Finanzamt am 30. Juni 2005 geänderte Steuerbescheide.
Die Einsprüche gegen die geänderten Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetrags-Bescheide hatten keinen Erfolg.
Mit ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass als RAP auf der Aktivseite der Bilanz nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG nur Ausgaben vor dem Abschlussstichtag anzusetzen seien, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellten. Der Begriff „Aufwand für eine bestimmte Zeit” sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in dem Sinne zu verstehen, dass einer Vorleistung eine noch nicht erbrachte zeitraumbezogene Gegenleistung gegenüberstehe. Dies werde auch in den Einkommensteuerrichtlinien unter H 31b EStH 2002, Stichwort „zeitbezogene Gegenleistung”, so gesehen, wonach der Vorleistung des einen Vertragspartners die zeitbezogene Gegenleistung des anderen Vertragsteiles gegenüberstehe. Die Kraftfahrzeugsteuer sei aber als Steuer eine Geldleistung, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstelle.
Sie beantragt,
- unter Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben für Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von 43.797,00 EUR den St...