Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulagenbegünstigung von vor Betriebsstättengründung vorgenommenen Investitionen. Vorhandensein einer Betriebsstätte. Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum Anlagevermögen einer Betriebsstätte im Fördergebiet. Investitionszulage 1990

 

Leitsatz (amtlich)

1. Investitionen in Wirtschaftsgüter, die wegen einer Unternehmensgründung erst demnächst zum Anlagevermögen eines Betriebes gehören werden, können zulagenbegünstigt sein. Ist hingegen bereits ein Betrieb vorhanden, der jedoch nicht im Fördergebiet gelegen ist, besteht für die vor der Gründung der Betriebsstätte im Fördergebiet angeschafften Wirtschaftsgüter kein Anspruch auf Investitionszulage. Insoweit enthält die InvZul-VO keine Förderungslücke.

2. Eine nicht im Fördergebiet ansässige, das sog. Vertriebsleasing betreibende Firma kann durch die zum 1.9.1990 in der damaligen DDR erfolgte Anmietung eines 29 qm großen Büros und dem Abschluss eines Werkvertrages mit dem Vermieter über zwei Stunden tägliche Bürotätigkeit einschließlich der Abwicklung des Telefondienstes eine Betriebsstätte begründen.

3. Bei einem Sitz der Geschäftsleitung außerhalb des Fördergebietes kommt es für die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum Anlagevermögen einer Betriebsstätte im Fördergebiet i.S. von § 2 InvZul-VO ausschließlich darauf an, dass das Wirtschaftsgut in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Betriebsstätte steht.

 

Normenkette

InvZul-VO 1990 § 2 S. 1 Nr. 6a, § 2 Nr. 5, § 2 S. 1, § 10; AO 1977 § 12; EStG § 50 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.12.2003; Aktenzeichen III R 30/01)

 

Tenor

1. Unter teilweiser Aufhebung des Änderungsbescheides nach der Investitionszulagenverordnung für das Kalenderjahr 1990 sowie des geänderten Zinsbescheides vom 9. September 1996 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 1997 werden die Investitionszulage für das Jahr 1990 auf 795.530,00 DM und die Zinsen auf 158.004 DM festgesetzt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

4. Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin zu 40 % und der Beklagte zu 60 % zu tragen.

5. Das Urteil ist wegen der Kosten der Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit diese nicht zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin für Investitionen, die sie im Jahre 1990 vorgenommen hat, Investitionszulagen beanspruchen kann.

Die Klägerin betreibt das Leasinggeschäft in der Form des sog. Vertriebsleasing. Sie schloss Leasingverträge über Produkte der ABC AG, ihrer Muttergesellschaft, mit deren Abnehmern ab. Diese Abnehmer erreicht sie vornehmlich durch Vertragshändler. Bereits in der ersten Jahreshälfte des Jahres 1990 hatte sie damit begannen, durch Mitarbeiter auf dem Gebiet der damaligen DDR aktiv zu werden. Gleichzeitig begann sie, dort ein Vertriebsnetz aufzubauen, welches sich später auf elf Vertragshändler stützte. Mit Vertrag vom 30. August 1990 mietete sie eine 29 m⊃²; große Bürofläche in A-Stadt an. Seit dem 1. September 1990 konnte sie über diese Räume verfügen. Zum gleichen Zeitpunkt und mit gleichem Vertragsbeginn vereinbarte die Klägerin mit ihrem Vermieter einen Werkvertrag, der darauf gerichtet war, dass dieser im Umfang von durchschnittlich zwei Stunden an jedem Arbeitstag alle anfallenden Büroarbeiten einschließlich des Telefondienstes gegen Zahlung eines Entgeltes in Höhe von 370 DM monatlich übernahm. Zeitgleich erfolgte eine Anmeldung der Tätigkeit beim zuständigen Gewerbeamt A-Stadt; mit Schreiben vom 29. Oktober 1990 meldete die Klägerin beim damals zuständigen Kreisgericht B-Stadt die Errichtung einer Zweigniederlassung in A-Stadt zur Eintragung in das Handelsregister an. Ferner eröffnete sie bei der damaligen StadtsparkasseA-Stadt ein Konto.

Mit Schreiben vom 12. September 1990 teilte sie dem FinanzamtA-Stadt mit, dass sie eine Niederlassung in A-Stadt errichtet habe. Am 31. August 1990 bestellte sie den Zeugen Meyer zum Niederlassungsleiter und erteilte ihm Handlungsvollmacht. Die Klägerin verfügte über eine Betriebsstättenbuchhaltung, die in der Form eingerichtet war, dass Erlöse und Aufwand für die in den neuen Bundesländern durchgeführten Tätigkeiten im Stammhaus auf gesonderten Konten erfasst wurden und daraus eine Gewinn- und Verlustrechnung der Niederlassung für A-Stadt entwickelt wurde (Bl. 3 Betriebsprüfungsbericht).

Am 14. Juni 1991 und, diesen Antrag ergänzend, am 26. September 1991 beantragte die Klägerin die Gewährung von Investitionszulagen. Der Beklagte setzte diese mit Bescheid vom 11. Dezember 1991 antragsgemäß auf DM 1.449.560 DM fest.

Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Diesen Bescheid änderte er mit Bescheiden vom 11. Dezember 1992, vom 22. Januar 1993 und wiederum mit Bescheid vom 11. Mai 1993 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO). Anlass hierfür waren Mitteilungen d...

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