Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung von Gold Bullion Securities führt nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen
Leitsatz (redaktionell)
Gold Bullion Securities sind als Inhaberschuldverschreibungen keine Kapitalforderung i. S. v. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 i. V. m. Abs. 1 Nr. 7 EStG, da sie auf die Lieferung einer Sache gerichtet sind. Ihr Erwerb und die Einlösung oder der Verkauf sind wie ein unmittelbarer Erwerb und unmittelbarer Verkauf physischen Goldes zu beurteilen.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, Abs. 1 Nr. 7, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 32d Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Gewinn aus der Veräußerung von Gold Bullion Securities als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern ist.
Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Sie erzielten im Streitjahr 2011 Einkünfte aus Gewerbebetrieb, nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung und sowie Kapitalvermögen. Die Veranlagung der Kapitalerträge führte der Beklagte entsprechend der von der Bank der Kläger erstellten Steuerbescheinigung durch. Darin war ein Gewinn in Höhe von 9.248,97 EUR aus dem Verkauf von Anteilen an dem Exchange Traded Commodies (ETC) „Gold Bullion Securities” (WKN A0LP78) ausgewiesen. Den Betrag erfasste der Beklagte bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) und besteuerte ihn im Einkommensteuerbescheid vom XX.XX.2012 nach § 32d Abs. 1 EStG mit dem für Kapitaleinkünfte geltenden Steuertarif.
Die Gold Bullion Securities hatte der Kläger im Februar 2008 erworben und am 23.08.2011 veräußert. Nach den Emissionsbedingungen handelte es sich bei den Gold Bullion Security um eine durch physisches Gold besicherte, unbefristete Schuldverschreibung ohne Verzinsung und ohne Endfälligkeit. Nach dem Produktinformationsblatt verbrieft jede einzelne Gold Bullion Security Schuldverschreibung einen effektiven Anspruch auf Gold. Das den Wertpapieren zugewiesene physische Gold wird im Namen der Emittentin durch den Verwahrer treuhänderisch in einem Tresor in London in zugewiesener Form als identifizierbare Goldbarren für die Emittentin aufbewahrt. Die Haftung der Emittentin ist auf das hinterlegte Gold beschränkt. Nach den Zeichnungsbedingungen hinterlegt die Emittentin für gezeichnete, aber noch nicht physisch mit Gold unterlegte Schuldverschreibungen einen aus 430 oz Gold bestehenden „Swing Amount” beim Treuhänder, um sicherzustellen, dass den noch nicht physisch abgedeckten Schuldverschreibungen ein entsprechender Gegenwert in Gold beim Treuhänder gegenübersteht. Gegenüber der Emittentin hat der Zeichner nach einer jederzeit möglichen Kündigung das Recht, die vollständige oder teilweise Rückzahlung seiner Gold Bullion Securities in bar oder Gold zu verlangen. Die Rückzahlung in physischem Gold ist nur zulässig, wenn die Lieferung auf ein Konto bei einem Londoner Bullion Händler erfolgt, der Mitglied bei der LBMA ist. Die Rückzahlung der Gold Bullion Securities in bar erfolgt in Form des Ertrags, der bei der Veräußerung des dem Wertpapier zugewiesenen Goldes am Londoner Goldmarkt erzielt wird. Nach den Emissionsbedingungen können die Schuldverschreibungen grundsätzlich nicht der Emittentin zurückgegeben werden, sondern müssen über die Börse verkauft werden.
Gegen den Steuerbescheid legten die Kläger Einspruch ein. Zur Begründung führten sie an: Der Gewinn stamme aus einem steuerfreien privaten Veräußerungsgeschäft. Die Goldbarren seien außerhalb der für bewegliche Wirtschaftsgüter geltenden einjährigen Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG veräußert worden.
Das hiergegen gerichtete Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Der Beklagte sah sich unter Hinweis auf die den Klägern obliegende Feststellungslast ohne Korrektur der vorgelegten Steuerbescheinigung außerstande, den darin als Kapitalertrag ausgewiesenen Gewinn aus dem Verkauf der Gold Bullion Securities steuerfrei zu belassen.
Gegen die Einspruchsentscheidung vom 22.12.2015 haben die Kläger am 18.01.2016 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgen. Sie verweisen zur Begründung auf die BFH-Urteile vom 12.05.2015 VIII R 4/15 und VIII R 35/14.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2011 vom 21.09.2012, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.12.2015, die Einkommensteuer auf 57.668 EUR festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 09.10.2012 IV C 1 – S 2252/10/1001356 vertrat der Beklagte zunächst die Auffassung, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG finde auch bei sog. Finanzinnovationen Anwendung, die vor dem 01.01.2009 erworben worden seien (§ 52a Abs. 10 Satz 6 und 7 EStG). Würden Inhaberschuldverschreibungen veräußert oder eingelöst, die einen Lieferanspruch auf Gold oder einen anderen Rohstoff verbriefen und durch Gold oder einen anderen Rohstoff in physischer Form nicht gedeckt sind, seien die Einnahme...