Leitsatz
Obwohl die Anerkennung einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft voraussetzt, dass die Geschäftsführer Wirtschaftsprüfer bzw. Steuerberater sind, führt die Übernahme der Beiträge zu den Berufskammern durch den Arbeitgeber zu Arbeitslohn. Der Arbeitgeber handelt nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 28 Abs. 1, § 58 Abs. 1, § 61 Abs. 1 WPO, § 50 Abs. 1, § 73 Abs. 1, § 79 Abs. 1 StBerG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Im Rahmen einer LSt-Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Klägerin Pflichtkammerbeiträge für ihre angestellten Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie Geschäftsführer unversteuert übernommen hatte. Das FA sah hierin die Zuwendung steuerpflichtigen Arbeitslohns und nahm die Klägerin deshalb in Haftung. Den (erfolglosen) Einspruch beschränkte die Klägerin auf die Versteuerung der übernommenen Kammerbeiträge für ihre Geschäftsführer.
Das FG wies die Klage ab (EFG 2006, 1159).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin zurück. Das FG sei von zutreffenden rechtlichen Erwägungen ausgegangen. Seine tatsächliche Würdigung sei möglich; sie verstoße weder gegen Denkgesetze noch Erfahrungssätze.
Der Auffassung der Klägerin, ab Beginn der Tätigkeit als Geschäftsführer bestehe seine Mitgliedschaft in der Berufskammer nur noch im ausschließlichen Interesse der GmbH, sei unzutreffend. Ohne die weiterbestehende Mitgliedschaft könne der Arbeitnehmer sein Amt als Geschäftsführer nicht ausüben. Deshalb könne auch die Ansicht der Klägerin nicht geteilt werden, dass die Organstellung der Geschäftsführer ihre Arbeitnehmerfunktion überlagere und die Zahlung der Kammerbeiträge nur der Organstellung geschuldet sei.
Hinweis
1. Hinzuweisen ist zunächst auf das Urteil des BFH vom 26.07.2007, VI R 64/06, BFH-PR 2007, 454. Der VI. Senat hatte dort entschieden, dass die Übernahme der Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung einer angestellten Rechtsanwältin durch den Arbeitgeber zu Arbeitslohn führt. Die Beitragszahlung erfolge in erster Linie im Interesse der Arbeitnehmerin. Ein mögliches eigenbetriebliches Interesse auch des Arbeitgebers sei nicht durchgreifend. Denn der Anwalt sei nach der BRAO gesetzlich verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht werde mit der Nichtzulassung zum Beruf oder der Entfernung aus diesem sanktioniert. Der Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung sei damit unabdingbar für die Ausübung des Berufs eines Rechtsanwalts.
2. Auch in der Besprechungsentscheidung kommt der BFH zu dem Schluss, dass eine Übernahme der Kammerbeiträge durch den Arbeitgeber (Wirtschaftsprüfungs- bzw. Steuerberatungsgesellschaft) Arbeitslohn darstellt, da ein eigenes, nicht zu vernachlässigendes Interesse der angestellten Geschäftsführer zu bejahen ist.
3. Für den BFH sind -- ebenso wie für die Vorinstanz -- folgende Erwägungen ausschlaggebend:
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sind gesetzlich verpflichtet, Mitglied in der jeweiligen Berufskammer zu sein (§ 58 Abs. 1 WPO; § 73 Abs. 1 StBerG). Die Pflichtmitgliedschaft, die unabhängig davon besteht, ob der Wirtschaftsprüfer bzw. Steuerberater nach der Bestellung selbstständig oder als Angestellter tätig wird, schließt die Pflicht zur Zahlung von Beiträgen an die Berufskammern ein (§ 61 Abs. 1 WPO; § 79 Abs. 1 StBerG). Die Mitgliedschaft in der Berufskammer ist unabdingbar für die Ausübung des Berufs eines Wirtschaftsprüfers bzw. Steuerberaters. Die Zahlung der Kammerbeiträge durch den Arbeitgeber liegt damit auch im eigenen Interesse des Arbeitnehmers.
Dieses Interesse ist auch dann zu bejahen, wenn der Arbeitnehmer als angestellter Geschäftsführer einer Wirtschaftsprüfungs- und/oder Steuerberatungsgesellschaft tätig ist. Es ist zwar Voraussetzung für die Anerkennung einer solchen Gesellschaft, dass die Mitglieder des Vorstands, die Geschäftsführer oder die persönlichen Gesellschafter Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater sind (§ 28 Abs. 1 WPO; § 50 Abs. 1 StBerG). Für Doppelgesellschaften mit beschränkter Haftung, die sowohl die Voraussetzungen der WPO als auch des StBerG erfüllen, bedeutet dies, dass Geschäftsführer nur Personen sein können, die eine Doppelqualifikation als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater haben. Daraus folgt jedoch nicht, dass in diesen Fällen das betriebliche Interesse an der Kammermitgliedschaft eines Wirtschaftsprüfers bzw. Steuerberaters und der damit verbundenen Zahlung der Beiträge das persönliche Interesse des Angestellten überlagern würde.
Nur ein bereits bestellter Wirtschaftsprüfer bzw. Steuerberater darf zum Geschäftsführer einer GmbH berufen werden. Diese Bestellung darf er auch während seiner Geschäftsführertätigkeit nicht aufgeben. Das bedeutet, dass die Zwangsmitgliedschaft in den Berufskammern zwingende Voraussetzung für die Ausübung des Geschäftsführeramts und damit für die Berufsausübung insgesamt ist.
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