Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Obligatorische Arbeitgeberbeiträge zu einer schweizerischen Pensionskasse sowie Arbeitgeberleistungen auf Grundlage der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie der schweizerischen Invalidenversicherung sind gem. § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei.
2. Überobligatorische Arbeitgeberbeiträge zu einer schweizerischen Pensionskasse sind als Beiträge i.S.d. § 3 Nr. 62 Satz 4 1. Halbsatz EStG innerhalb der Grenzen des § 3 Nr. 62 Satz 3 EStG steuerfrei; auf die danach steuerfreien Arbeitgeberleistungen sind die gem. § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfreien Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers anzurechnen.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 3 Nr. 62 Sätze 1, 3 und 4 EStG, Art. 15a, 3 Abs. 2 DBA-Schweiz, § 3 Nr. 1 SGB IV, § 155, § 121 Satz 1, § 96 Abs. 1 Satz 2, § 107 FGO, § 545 Abs. 1, § 560 ZPO
Sachverhalt
K, in Deutschland wohnhaft, war in der Schweiz abhängig beschäftigt. Ks Arbeitgeber (A) erbrachte 1997-2001 nach zwingendem schweizerischem Recht Arbeitgeberbeiträge zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung und entrichtete auch Beiträge an eine Pensionskasse zur beruflichen Vorsorge bei Tod, Unfall und Invalidität. Ein Teil der an die Pensionskasse erbrachten Arbeitgeberbeiträge war als öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis zwingend zu erbringen ("Obligatorium"); darüber hinaus leistete A noch weitere Beiträge aufgrund privatrechtlicher Versicherungen ("Überobligatorium"). Auch K trug obligatorische sowie überobligatorische Pensionskassenbeiträge, hielt aber die von A gezahlten Pensionskassenbeiträge für steuerfrei (§ 3 Nr. 62 EStG). Das FA versteuerte jedoch die Arbeitgeberbeiträge. Ks Klage dagegen blieb erfolglos (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 18.11.2010, 3 K 273/07, Haufe-Index 2613220).
Entscheidung
Der BFH gelangte, wie in den Praxis-Hinweisen erläutert, ebenfalls dazu, dass keine Steuerbefreiung greift, und bestätigte so das die Klage abweisende Urteil des FG.
Hinweis
Zum Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehören auch arbeitgeberseitig erbrachte Zukunftssicherungsleistungen zur Absicherung der Arbeitnehmer oder nahestehender Personen für Krankheit, Unfall, Invalidität, Alter, Tod. Die sind nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei, soweit der Arbeitgeber dazu nach sv-rechtlichen oder anderen – auch ausländischen – gesetzlichen Vorschriften verpflichtet ist. Arbeitgeberbeiträge zu einer Pensionskasse (§ 3 Nr. 62 Satz 4 1. Hs. EStG) sind auch steuerfrei, aber nur in dem in § 3 Nr. 62 Satz 3 EStG bestimmten Umfang.
1.Der Besprechungsfall hier befasst sich mit der nicht einfachen Ermittlung des steuerfreien Betrages: Auf die nach § 3 Nr. 62 Satz 4 1. Halbsatz EStG steuerfreien Arbeitgeberbeiträge sind nach § 3 Nr. 62 Satz 4 2. Halbsatz EStG Beiträge des Arbeitgebers zu einer Rentenversicherung aufgrund gesetzlicher Verpflichtung anzurechnen. Dabei umfasst diese Anrechnung nicht nur die Arbeitgeberbeiträge zu einer gesetzlichen Rentenversicherung (auf sv-rechtlichen Normen beruhende Arbeitgeberleistungen; § 3 Nr. 62 Satz 1 1. Alt. EStG), sondern auch diesen gleichgestellte Leistungen (BT-Drucks. 8/2501, 18; Klarstellung durch StÄndG 1992, BT-Drucks. 12/1108, 51), § 3 Nr. 62 Satz 1 2. und 3. Alt. EStG.Beachten Sie:Wenn bei im Inland beschäftigten Arbeitnehmern freiwillige Arbeitgeberleistungen an eine Pensionskasse steuerbar und nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei sind (BFH, Urteil vom 9.12.2010, VI R 57/08, BFH/NV 2011, 890, BFH/PR 2011, 165), vermeidet diese Auslegung (Einbeziehung gleichgestellter Leistungen) eine Überprivilegierung von im Ausland beschäftigten Arbeitnehmern. Die Steuerfreiheit beschränkt sich auf solche Ausnahmefälle, in denen verpflichtend zu erbringende Zukunftssicherungsleistungen nur eine Grundversorgung gewährleisten, also unterhalb der Arbeitgeberleistungen i.S.d. § 3 Nr. 62 Satz 4 1. Halbsatz EStG liegen.
2. Das heißt hier: Die überobligatorisch an die Pensionskasse gezahlten Arbeitgeberbeiträge sind nicht nach § 3 Nr. 62 Satz 1 EStG steuerfrei, weil die weder aufgrund gesetzlicher Vorschriften noch darauf beruhender Bestimmung zu leisten waren. Sie sind auch nicht nach § 3 Nr. 62 Satz 4 EStG steuerfrei, weil auf diese – nach § 3 Nr. 62 Satz 4 2. Halbsatz EStG an sich steuerfreien – Arbeitgeberbeiträge die Zukunftssicherungsleistungen anzurechnen sind, die A aufgrund gesetzlicher Verpflichtung erbracht hatte. Das waren die von A obligatorisch geleisteten Zahlungen an die Pensionskasse und Beiträge zur schweizerischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung. Diese anzurechnenden Leistungen überstiegen in allen Streitjahren die überobligatorischen Beiträge des A, sodass kein steuerfrei zu stellender Betrag verblieb. Deshalb brauchte es weder eine Höchstbetragsberechnung (§ 3 Nr. 62 Satz 4 1. Halbsatz EStG i.V.m. § 3 Nr. 62 Satz 3 EStG) noch eine einschränkende Auslegung des § 3 Nr. 62 Satz 4 1. Halbsatz EStG (so das FG).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 24.09.2013, VI R 6/11BFH...