Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Kommentar
Von der Steuerbegünstigung für die Seeschifffahrt sind insbesondere die Lieferungen von und die Arbeiten (Umbauten und Instandsetzungen) an bestimmten Seeschiffen (Seeschiffe für die gewerbliche Seeschifffahrt und Seeschiffe zur Rettung Schiffsbrüchiger) begünstigt. Aber auch Leistungen im Zusammenhang mit den Gegenständen zur Ausrüstung eines solchen Seeschiffes sind nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 4 Nr. 2 UStG steuerfrei. Darüber hinaus sind – unter einschränkenden Voraussetzungen – auch Lieferungen von Gegenständen für die Versorgung von Seeschiffen und Kriegsschiffen steuerbereit. Im Rahmen einer im Gesetz nicht näher spezifizierten Generalnorm werden abschließend alle anderen sonstigen Leistungen, die dem unmittelbaren Bedarf begünstigter Seeschiffe oder ihrer Ausrüstungsgegenstände dienen, nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 UStG steuerbegünstigt.
Mit Urteil vom 14.9.2006 hatte der EuGH festgestellt, dass zur einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts erforderlich ist, dass auch bei ausgeführten Dienstleistungen die Steuerbefreiung nur dann in Betracht kommen kann, wenn die Leistung direkt an den Reeder ausgeführt wird. In einem Urteil vom 19.7.2012 hat der EuGH dazu ergänzend ausgeführt, dass für die Steuerbefreiung ausreichend ist, wenn ein Unternehmer ein solches Fahrzeug zum Zweck der ausschließlichen Nutzung durch eine solche begünstigte Gesellschaft erwirbt.
Die Finanzverwaltung hatte nach dem ersten Urteil des EuGH in 2008 noch festgestellt, dass eine Steuerbefreiung vorläufig noch für die Lieferung von Wasserfahrzeugen und Luftfahrzeugen auf den Vorstufen infrage kommen kann.
Die Finanzverwaltung gibt jetzt ihre frühere Rechtsauffassung auf und hebt das Schreiben vom 24.1.2008 auf. Klarstellend wird unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH in Abschn. 8.1 Abs. 1 UStAE mit aufgenommen, dass die Lieferung eines Wasserfahrzeugs auch dann steuerfrei nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 UStG sein kann, wenn die Lieferung an einen Unternehmer erfolgt, der das Wasserfahrzeug zum Zweck der Überlassung an einen Betreiber eines Seeschiffs oder die Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger zu deren ausschließlicher Nutzung erwirbt und diese Zweckbestimmung im Zeitpunkt der Lieferung endgültig feststeht und vom liefernden Unternehmer nachgewiesen wird.
Darüber hinaus kann sich eine Steuerbefreiung nicht auf Umsätze der vorhergehenden Stufen erstrecken.
Konsequenzen für die Praxis
Die Regelungen gelten in allen noch offenen Fällen. Die Finanzverwaltung gibt damit die bisher als "vorläufig" bezeichnete Regelung auf und kommt wieder auf die Grundsätze zurück, die sich schon damals aus den UStR 2008 und später aus dem UStAE ergeben haben. Lediglich die sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebende Rechtsfolge, dass auch Lieferungen an nicht begünstigte Unternehmen unter die Steuerbefreiung fallen können, wenn die Beförderungsmittel ausschließlich für die Zwecke von begünstigten Unternehmern verwendet werden, ist jetzt klar in den UStAE aufgenommen worden.
Link zur Verwaltungsanweisung
BMF, Schreiben v. 4.4.2014, IV D 3 – S 7155-a/07/10002, BStBl 2014 I S. 801