BMF, Schreiben v. 3.12.1975, IV A 2 - S 7100 - 25/75, BStBl I 1975, 1132
1 Anlage
A. Allgemeines
Bei dem Verkauf von Kraftfahrzeugen ist es üblich, innerhalb einer bestimmten Frist und/oder Fahrleistung für eine Fehlerfreiheit des Kraftfahrzeuges Gewähr zu leisten, die dem jeweiligen Stand der Technik entspricht. Die Schäden werden regelmäßig nicht von den Herstellern der Kraftfahrzeuge, sondern von Vertriebsfirmen beseitigt, die als Lieferer oder Vermittler in die Absatzkette eingeschaltet waren. Zur Durchführung der Reparaturen sind die Vertriebsfirmen allgemein nach einem mit dem Hersteller abgeschlossenen sogenannten Händlervertrag verpflichtet. Die Verpflichtung schließt auch Reparaturen an solchen Fahrzeugen ein, die von anderen Vertriebsfirmen abgesetzt worden sind.
Die Geschäftsabwicklung bei den erforderlichen Reparaturen ist nicht einheitlich. Im Regelfall baut die Vertriebsfirma das schadhafte Teil aus und ersetzt es durch ein fabrikneues Ersatzteil. Das schadhafte Teil wird dem Hersteller zugesandt, der es daraufhin untersucht, ob ein Gewährleistungsfall vorliegt. Wird ein solcher Fall anerkannt, so ersetzt der Hersteller der Vertriebsfirma die aufgewendeten Lohn- und Materialkosten nach festgelegten Sätzen. Manche Vertriebsfirmen erhalten an Stelle der Materialgutschrift ein entsprechendes neues Ersatzteil.
Bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der Gewährleistungsfälle haben sich die Fragen ergeben,
- wie die vom Hersteller gewährten Gutschriften über die Lohn- und Materialkosten bei der Vertriebsfirma zu behandeln sind und
- ob hinsichtlich dieser Gutschriften beim Hersteller eine Entgeltsminderung anzunehmen ist.
B. Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt folgendes:
I. Träger der Gewährleistungspflicht
Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung hängt wesentlich davon ab, ob die Vertriebsfirma mit der Reparatur eine Leistung an das Herstellerwerk oder an den Fahrzeugkäufer bewirkt. Dies richtet sich nach den bestehenden Vertragsverhältnissen. Dabei ist darauf abzustellen, ob der Hersteller gegenüber dem Fahrzeugkäufer zur Gewährleistung verpflichtet ist und sich der Vertriebsfirma als Erfüllungsgehilfe bedient oder ob die Vertriebsfirma selbst die Gewährleistungspflicht gegenüber dem Fahrzeugkäufer trägt (vgl. BFH-Urteil vom 17. Februar 1966 - V 58/63, BStBl III S. 261).
Wer Träger der Gewährleistungspflicht ist, entscheidet sich nach bürgerlichem Recht. Bei der Prüfung dieser Frage sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 16. Juli 1964 - V 23/60 (BStBl III S. 516) zu beachten.
II. Die Gewährleistungspflicht gegenüber dem Fahrzeugkäufer obliegt dem Hersteller
Ist der Hersteller dem Fahrzeugkäufer zur Gewährleistung verpflichtet, so stellt die Durchführung der Reparatur eine Leistung des Herstellers an den Fahrzeugkäufer dar. Diese Leistung ist nicht umsatzsteuerbar, weil ihr kein Entgelt gegenübersteht. Der Hersteller bedient sich bei der Reparatur der Vertriebsfirma als seines Erfüllungsgehilfen. Die Vertriebsfirma bewirkt eine Leistung an den Hersteller. Soweit hierfür ein Entgelt gezahlt wird, unterliegt diese Leistung der Umsatzsteuer. Bei der Beurteilung sind folgende Fälle zu unterscheiden:
Die Vertriebsfirma repariert das Kraftfahrzeug unter Verwendung eines Ersatzteils aus eigenem Lagerbestand. Das Ersatzteil ist vom Hersteller bezogen worden. Der Hersteller gewährt der Vertriebsfirma eine Gutschrift über die Lohn- und Materialkosten.
Zwischen der Vertriebsfirma und dem Hersteller findet ein Leistungsaustausch statt. Der Umsatz der Vertriebsfirma umfasst die Arbeitsleistung und den Materialverbrauch, es sei denn, daß eine klare Vereinbarung besteht, wonach die Ersatzteillieferung des Herstellers an die Vertriebsfirma oder die hierfür geleistete Entgeltzahlung rückgängig gemacht werden soll, wenn das Ersatzteil in Gewährleistungsfällen verwendet wird. Fehlt es an solcher Vereinbarung, so unterliegt die Vertriebsfirma mit den Gutschriften für die Lohn- und Materialkosten der Umsatzsteuer (BFH-Urteil vom 17. Februar 1966 a.a.O.).
Beim Hersteller liegt eine Entgeltsminderung nicht vor, weil die Gutschriften nicht wegen der ursprünglichen Lieferungen, sondern als Entgelt für eine besondere Leistung der Vertriebsfirma (Reparatur) gewährt werden (vgl. BFH-Urteil vom 12. November 1959 - V 21/58 U, BStBl 1960 III S. 13).
Der Hersteller kann den in der Gutschrift ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer von seiner Steuerschuld abziehen.
Ist dagegen zwischen dem Hersteller und der Vertriebsfirma von vornherein vereinbart, dass
- die Lieferung eines Ersatzteils vom Hersteller an die Vertriebsfirma rückgängig gemacht wird oder
- der Vertriebsfirma das beim Bezug des Ersatzteils entrichtete Entgelt gutgeschrieben wird,
wenn das Ersatzteil im Gewährleistungsfalle bei einer Reparatur verwendet wird, so beschränkt sich der Umsatz der Vertriebsfirma an das Herstellerwerk auf die Arbeitsleistung. Der Wert des verwendeten Ersatzteils sch...