BMF, Schreiben v. 23.12.2003, IV B 7 - S 7100 - 246/03, BStBl I 2004, 240
Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft gegen Entgelt hat der BFH mit Urteil vom 6.6.2002, V R 43/01 (BStBl 2003 II S. 36) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, nach der die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte nicht als Leistung eines Gesellschafters an die Gesellschaft zu beurteilen ist (BFH-Urteil vom 17.7.1980, V R 5/72, BStBl 1980 II S. 622). Bezogen auf Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen für eine Personengesellschaft durch einen Gesellschafter gegen Vergütung setzt ein Leistungsaustausch lediglich voraus, dass ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht, also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Folgendes:
A. Selbstständigkeit
1. Natürliche Personen
Natürliche Personen als Gesellschafter, die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen an eine Personengesellschaft erbringen, werden unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG selbstständig tätig. Weisungsgebundenheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG kann in diesen Fällen nicht vorliegen, weil der Gesellschafter Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist. Gemäß Abschnitt 17 Abs. 1 Satz 8 Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) ist die Frage der Selbstständigkeit natürlicher Personen für die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Auch ein gesellschaftsvertraglich vereinbartes Weisungsrecht der Personengesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter kann nicht zu einer Weisungsgebundenheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG führen.
Beispiel 1:
Der Komplementär einer aus natürlichen Personen bestehenden KG erhält von dieser eine Tätigkeitsvergütung für seine Geschäftsführungsleistung gegenüber der KG.
Der Komplementär ist selbstständig tätig.
Natürliche Personen als Gesellschafter, die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen an eine Kapitalgesellschaft erbringen, sind unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbstständig tätig. Dies gilt v.a. dann, wenn sie für diese Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 EStG erzielen. Da die Frage der Selbstständigkeit natürlicher Personen für die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen ist, führt die einkommensteuerrechtliche Beurteilung (Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit) zur nicht selbstständigen Ausübung der Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG.
Beispiel 2:
Der Aktionär einer Aktiengesellschaft (AG) erhält von dieser eine Tätigkeitsvergütung für seine Geschäftsführungsleistung gegenüber der AG. Zwischen den Parteien ist ein Arbeitsvertrag geschlossen.
Der Aktionär ist nicht selbstständig tätig.
2. Juristische Personen
Juristische Personen als Gesellschafter, die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen an die Gesellschaft erbringen, werden grundsätzlich selbstständig tätig. Das Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung gegenüber dem Geschäftsführer führt nicht zur Unselbstständigkeit. Die Tätigkeit wird nicht selbstständig ausgeübt, wenn die juristische Person im Rahmen der Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in ein anderes Unternehmen eingegliedert ist. Eine GmbH, die an einer Kommanditgesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, kann nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen dieser Kommanditgesellschaft eingegliedert sein (BFH-Urteil vom 14.12.1978, V R 85/74, BStBl 1979 II S. 288, Abschnitt 21 Abs. 2 Satz 4 UStR).
Beispiel 3:
Die Komplementär-GmbH erbringt Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen gegen Sonderentgelt an die KG. Der Kommanditist dieser KG ist gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH.
Die Komplementär-GmbH ist mit ihren Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen selbstständig tätig. Diese werden von der Komplementär-GmbH an die KG im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustausches erbracht, auch wenn z.B. die Vergütung unmittelbar an den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gezahlt wird.
B. Leistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft
Ein Gesellschafter kann an die Gesellschaft sowohl Leistungen erbringen, die ihren Grund in einem gesellschaftsrechtlichen Beitragsverhältnis haben, als auch Leistungen, die auf einem gesonderten schuldrechtlichen Austauschverhältnis beruhen. Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung dieser Leistungen richtet sich danach, ob es sich um Leistungen handelt, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn oder Verlust der Gesellschaft abgegolten werden, oder um Leistungen, die gegen Sonderentgelt ausgef...