Leitsatz
Die Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG gilt nicht für ortsgebundene Schaustellungsunternehmen.
Normenkette
§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG, Art. 12 i.V.m. Anhang H Kategorie 7 6. EG-RL (= EWGRL 388/77), Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Kategorie 7 EGRL 112/2006 (= MwStSystRL)
Sachverhalt
Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2004 einen Freizeitpark mit verschiedenen Themenbereichen. Mit der Zahlung des Eintrittsgelds erwarb der Besucher das Recht, die Einrichtungen des Freizeitparks zu nutzen. Mit einer geänderten Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin geltend, dass die Eintrittsberechtigungen teilweise dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterlägen. Dem folgte das FA nicht. Einspruch und Klage zum FG (FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 23.9.2015, 14 K 4220/12) hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Klageabweisung. Es handele sich um eine einheitliche Leistung, die dem Regelsteuersatz unterliege. Die Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG gelte nicht für ortsgebundene Schaustellungsunternehmen.
Hinweis
1. Der BFH sieht in der Kombination der Leistungsangebote eines Vergnügungsparks eine einheitliche Leistung. Die kurze Dauer der Einzelattraktionen ermöglicht es aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers, diese miteinander zu kombinieren.
2. Eine Steuersatzermäßigung für diese einheitliche Leistung kommt nur in Betracht, wenn die Leistung des Vergnügungsparks die eines Schaustellers i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG ist. Dies verneint der BFH.
a) Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStG ermäßigt sich die Steuer insbesondere für die Leistungen aus der Tätigkeit als Schausteller. Hierbei handelt es sich gemäß § 30 UStDV insbesondere um Schaustellungen auf Jahrmärkten, Volksfesten, Schützenfesten oder ähnlichen Veranstaltungen.
Nach bisheriger BFH-Rechtsprechung erfasst § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. d UStGnur die Schausteller, die ein Reisegewerbe betreiben, nicht aber auch ortsgebundene Schaustellungsunternehmen (BFH, Urteil vom 22.10.1970, V R 67/70, BStBl II 1971, 37). Hierin liegt kein Gleichheitsverstoß, da der von Veranstaltung zu Veranstaltung ziehende Schausteller neben Reise- und Beförderungskosten auch einen erhöhten Aufwand zu tragen hat, der durch den Abbau, Aufbau und dem schnelleren Verschleiß von Anlagen entsteht (BFH, Urteil vom 22.6.1972, V R 36/71, BStBl II 1972, 684).
b) Der BFH sieht diese Unterscheidung als unionsrechtskonform an.
aa) Unionsrechtliche Grundlage für diese Steuersatzermäßigung ist die in Art. 98 Abs. 2 i.V.m. Anhang III Kategorie 7 MwStSystRL genannte "Eintrittsberechtigung für ... Jahrmärkte sowie ähnliche ... Einrichtungen".
bb) Der BFH verneint einen Verstoß gegen das Unionsrecht, da der nationale Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, Steuersatzermäßigungen anzuordnen. Entscheidet sich der nationale Gesetzgeber dafür, einen durch die Richtlinie eingeräumten Gesetzgebungsspielraum auszunützen, besteht daher für ihn auch keine Verpflichtung, die einzelnen in der Richtlinie genannten Kategorien in ihrer Gesamtheit umzusetzen.
Erforderlich ist allerdings, dass es bei der Steuersatzermäßigung für Schausteller, die ein Reisegewerbe betreiben, um einen konkreten und spezifischen Aspekt der Dienstleistungen handelt, die auf Jahrmärkten oder ähnlichen Einrichtungen erbracht werden. Dies bejaht der BFH im Hinblick auf die gesetzgeberische Zielsetzung einer Begünstigung für das allgemeine Volksvergnügen auf zeitlich beschränkten Volksfesten und Jahrmärkten.
cc) Einen Verstoß gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität sieht der BFH hierin nicht. Dieser lässt es nicht zu, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich zu behandeln. Für die Beurteilung der Vergleichbarkeit von Leistungen ist dabei auch der Kontext zu berücksichtigen, in dem sie erbracht werden. Insoweit sieht es der BFH als zweifelsfrei an, dass sich der Kontext eines zeitlich beschränkten Volksfestes deutlich von dem eines ortsfesten Vergnügungsparks unterscheidet.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 2.8.2018 – V R 6/16