BMF, Schreiben vom 1.4.2021, III C 3- S 7340/19/10003 :022 (DOK 2021/0382933), BStBl I 2021, 629
Durch Artikel 13, 14 Nummer 1 Buchstabe a und b, Nummer 2 bis 11 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa, Buchstabe b, d, e, f Doppelbuchstabe aa, Buchstabe i, Nummer 13 bis 15, Nummer 19 Buchstabe a, Nummer 22 Buchstabe b, Artikel 16 Nummer 3, Artikel 19, Artikel 24 Nummer 1 Buchstabe a sowie Artikel 25 und 26 i. V. m. Artikel 50 Abs. 5 und 6 des Jahressteuergesetzes 2020 vom 21. Dezember 2020 (Jahressteuergesetz 2020 – JStG 2020; BGBl 2020 I S. 3096) wurde zum 1. April 2021 bzw. 1. Juli 2021 die zweite Stufe des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets umgesetzt (zur Umsetzung der ersten Stufe des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets zum 1. Januar 2019 vgl. das BMF-Schreiben vom 14. Dezember 2018 – III C 3- S 7117-j/18/10002 (2018/1031145) –, BStBl I Seite 1429).
Die zweite Stufe des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets beinhaltet insbesondere Folgendes:
– Änderungen beim Versandhandel
Die Bestimmung des Orts der Lieferung bei der Versandhandelsregelung nach § 3c UStG wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2021 grundlegend geändert. Demnach verlagert § 3c Abs. 1 UStG den Ort der Lieferung eines innergemeinschaftlichen Fernverkaufs gemäß dem Bestimmungslandprinzip an den Ort, an dem sich der Gegenstand bei Beendigung der Beförderung oder Versendung an den Erwerber befindet, sofern nicht der Ausschlusstatbestand des § 3c Abs. 4 Satz 1 UStG (Umsatzschwelle von 10.000 Euro für nur in einem EU-Mitgliedstaat ansässige liefernde Unternehmer wird im vorangegangenen und laufenden Kalenderjahr nicht überschritten) Anwendung findet. Für die Umsatzschwelle sind ab dem 1. Juli 2021 nicht mehr nur die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen nach § 3a Abs. 5 Satz 2 UStG relevant, sondern auch die innergemeinschaftlichen Fernverkäufe nach § 3c Abs. 1 UStG.
– Einbeziehung von Betreibern elektronischer Schnittstellen in fiktive Lieferketten
Mit Wirkung zum 1. Juli 2021 wird bei bestimmten Warenlieferungen durch einen Unternehmer über eine elektronische Schnittstelle (z. B. elektronischer Marktplatz) der Betreiber der elektronischen Schnittstelle nach § 3 Abs. 3a UStG Steuerschuldner für die im Gemeinschaftsgebiet für diese Lieferungen anfallende Umsatzsteuer, da die Lieferkette „Unternehmer an Betreiber der elektronischen Schnittstelle sowie Betreiber der elektronischen Schnittstelle an Nichtunternehmer” fingiert wird. § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG betrifft Warenlieferungen über eine elektronische Schnittstelle an Nichtunternehmer durch einen nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmer, bei denen die Beförderung oder Versendung im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet. Keine Lieferung zwischen dem Betreiber der elektronischen Schnittstelle und dem Nichtunternehmer wird nach § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG fingiert, wenn der liefernde Unternehmer im Gemeinschaftsgebiet ansässig ist. § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG betrifft Fernverkäufe von aus dem Drittlandsgebiet eingeführten Gegenständen mit einem Sachwert von höchstens 150 Euro mittels einer elektronischen Schnittstelle an Nichtunternehmer oder an eine in § 1a Abs. 3 Nr. 1 UStG genannte Person, die weder die Erwerbsschwelle überschreitet noch auf ihre Anwendung verzichtet hat (vgl. § 3 Abs. 3a Satz 5 UStG). Die Lieferkettenfiktion nach § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG gilt unabhängig von der Ansässigkeit des liefernden Unternehmers.
Die Regelungen des neuen § 3 Abs. 3a UStG haben Auswirkungen auf die bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Haftung der Betreiber elektronischer Marktplätze (§§ 22f und 25e UStG). Der Marktplatzbetreiber haftet für nicht entrichtete Umsatzsteuer durch auf seinem Marktplatz tätige Händler/Unternehmen nach § 25e Abs. 1 UStG nur noch in solchen Fällen, in denen die Lieferkettenfiktion des § 3 Abs. 3a UStG keine Anwendung findet (z. B. Fernverkauf innerhalb des Gemeinschaftsgebiets über eine elektronische Schnittstelle von im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern an Nichtunternehmer). Die Regelungen zur Haftung der Betreiber elektronischer Marktplätze (§§ 22f und 25e UStG) wurden daher entsprechend modifiziert. Diese Folgeänderungen zur Haftung für Betreiber elektronischer Marktplätze auf Grund der zweiten Stufe des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets bleiben einem gesonderten BMF-Schreiben vorbehalten.
– Erweiterung der einzigen Anlaufstelle (Nicht-EU-Verfahren)
Die bestehenden (besonderen) Besteuerungsverfahren für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die sonstige Leistungen nach § 3a Abs. 5 UStG erbringen (§ 18 Abs. 4c und 4d UStG) wurden mit Wirkung zum 1. Juli 2021 auf alle am Ort des Verbrauchs ausgeführten Dienstleistungen an Nichtunternehmer mit Sitz oder Wohnsitz im Gemeinschaftsgebiet ausgedehnt (sog. One-Stop-Shop (OSS) – Nicht-EU-Regelung; § 18i UStG).
Die Teilnahme an dem Verfahren OSS- Nicht-EU-Regelung können nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer auf ele...