Leitsatz
1. Ein unmittelbarer Gesellschafterwechsel i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG liegt auch dann vor, wenn ein Gesellschafter seine Beteiligung an einer Personengesellschaft auf einen neuen Gesellschafter überträgt und dieser Gesellschafter die Beteiligung als Treuhänder für den früheren Gesellschafter hält.
2. Überträgt ein Gesellschafter seine Beteiligung an einer Personengesellschaft auf seinen Ehegatten, ist die Grunderwerbsteuer in Höhe des Anteils der Ehegatten am Gesellschaftsvermögen nicht zu erheben.
Normenkette
§ 1 Abs. 2a, § 3 Nr. 4, § 6, § 17 GrEStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH und Co. KG, an deren Gesellschaftsvermögen die Komplementär-GmbH nicht beteiligt ist; Kommanditisten waren zunächst J und B. Nachdem die Klägerin im Jahre 2004 außerhalb des Bezirks des beklagten Geschäftsleitungs-FA liegende Grundstücke erworben hatte, trat J seinen Kommanditanteil mit Wirkung zum 15.10.2005 an die Ehefrau (E) des B ab. B trat seinen Kommanditanteil am 29.3.2006 ebenfalls an E ab. Nach dem Treuhandvertrag sollte E diesen Kommanditanteil treuhänderisch für B halten. Das FA stellte mit Feststellungsbescheid gegenüber der Klägerin gem. § 17 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3a GrEStG vom 3.1.2007 fest, durch den vollständigen Wechsel der Kommanditisten sei § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklicht worden. Das FG gab der Klage insoweit statt, als nach § 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3 Nr. 4 GrEStG lediglich 50 % des Grundbesitzwerts der Besteuerung zugrunde zu legen waren (FG Hamburg, Urteil vom 7.1.2011, 3 K 60/10, Haufe-Index 2648398).
Entscheidung
Dem folgte im Ergebnis auch der BFH aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen.
Hinweis
Nach § 1 Abs. 2a GrEStG löst die unmittelbare oder mittelbare Änderung im Gesellschafterbestand einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft Grunderwerbsteuer aus, wenn mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen.
1. Die Anforderungen an eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestands sind eindeutig: Es muss ein Mitgliedschaftsrecht an der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergehen, wobei wirtschaftliche Gesichtspunkte keine Rolle spielen.
2. Demgemäß liegt ein unmittelbarer Gesellschafterwechsel i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG auch vor, wenn ein Gesellschafter der Personengesellschaft seine Gesellschaftsbeteiligung auf einen neuen Gesellschafter überträgt und dieser Gesellschafter die Beteiligung als Treuhänder für den früheren Gesellschafter als Treugeber hält. Entscheidend ist allein, dass der Treuhänder zivilrechtlich neuer Gesellschafter wird; Art und Ausgestaltung der Treuhandvereinbarung ist unerheblich.
3. Diese Grundsätze gelten auch, wenn ein Gesellschafter der Personengesellschaft seine Gesellschaftsbeteiligung auf seinen Ehegatten überträgt; auch in diesem Fall liegt ein unmittelbarer Gesellschafterwechsel vor. Für eine Anwendung des § 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG, der Anteilserwerbe von Todes wegen unberücksichtigt lässt, ist kein Raum. § 1 Abs. 2a Satz 2 GrEStG gilt nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht für Anteilsübertragungen unter Lebenden.
Die Anteilsübertragung unter Ehegatten führt jedoch dazu, dass Grunderwerbsteuer in Höhe des Anteils der Ehegatten am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft nicht zu erheben ist (§ 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 und § 3 Nr. 4 GrEStG).
4. Es sei darauf hingewiesen, dass eine nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Änderung im Gesellschafterbestand insoweit nach § 3 Nr. 2 GrEStG steuerfrei ist, als sie auf einer schenkweisen Anteilsübertragung beruht (BFH, Urteil vom 12.10.2006, II R 79/05, BFH/NV 2007, 605).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.1.2013 – II R 66/11