Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Überblick
Für Umsätze, die nach dem 31.12.2016 ausgeführt werden, ergeben sich für juristische Personen des öffentlichen Rechts neue Rahmenbedingungen für die Unternehmereigenschaft nach § 2b UStG. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können aber bis Ende 2016 bei ihrem zuständigen Finanzamt beantragen, für alle vor dem 1.1.2021 ausgeführten Umsätze noch nach den bisherigen Grundsätzen des § 2 Abs. 3 UStG behandelt zu werden. Die Finanzverwaltung hat zwar noch nicht zu den allgemeinen Grundsätzen der Neuregelung Stellung genommen, aber schon einmal Grundsätze für die Anwendung der Übergangsregelung des § 27 Abs. 22 UStG veröffentlicht.
Kommentar
Die rechtliche Problematik
Juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) sind nach der noch bis Ende 2016 geltenden nationalen Gesetzeslage Unternehmer i. S. d. Umsatzsteuerrechts nur im Rahmen
JPdöR haben regelmäßig durch Bundes- und Landesrecht Rechtsfähigkeit erhalten. Sie haben die Fähigkeit, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen. Bei den jPdöR handelt es sich um:
- Körperschaften: Gebietskörperschaften (z. B. Bundesrepublik Deutschland, Gemeinden); Personalkörperschaften (z. B. Universitäten, Steuerberaterkammer); Religionsgemeinschaften als Körperschaften des öffentlichen Rechts.
- Anstalten: z. B. öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten.
- Öffentlich-rechtliche Stiftungen, z. B. Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
Die Unternehmereigenschaft der jPdöR ist durch die Rechtsprechung von EuGH und BFH in den letzten Jahren erheblich verändert worden. So hat der EuGH festgestellt, dass die Einbeziehung von bestimmten steuerfreien Umsätzen (hier Vermietungsumsätzen) in die hoheitliche Tätigkeit einer jPdöR nach Art. 13 Abs. 2 MwStSystRL eine eindeutige nationale Regelung voraussetzt. Damit wurde im Wesentlichen die nationale Anknüpfung zur Beurteilung der Unternehmereigenschaft einer jPdöR an einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. d. § 14 AO – der für die Beurteilung des Betriebs gewerblicher Art im Ertragsteuerrecht maßgeblich war – infrage gestellt. Der BFH hat nach den Vorgaben des EuGH eine solche eindeutige Umsetzung des gemeinschaftsrechtlichen Wahlrechts in Deutschland nicht gesehen, sodass auch Vermietungstätigkeiten der jPdöR zu den unternehmerischen Betätigungen gehören.
Der BFH hat nachfolgend die bisherige Annahme, dass die Vermögensverwaltung nicht zu einer unternehmerischen Betätigung einer jPdöR führen kann, ausdrücklich verworfen und klargestellt, dass dem Begriff der Vermögensverwaltung für Zwecke der Umsatzsteuer keine Bedeutung zukommt. Danach ist für die Umsatzsteuerbesteuerung der öffentlichen Hand vielmehr entscheidend, ob sie in den Handlungsformen des Zivilrechts oder des öffentlichen Rechts tätig ist.
Die Entscheidungen des BFH werden derzeit gegen den Willen der betroffenen jPdöR nicht flächendeckend von der Finanzverwaltung angewendet.
Besondere Probleme ergaben sich aus der Rechtsprechung des BFH im Zusammenhang mit den sog. Beistandsleistungen. Der BFH entschied im Zusammenhang mit der Überlassung einer Sporthalle durch eine juristische Person:
- Gestattet eine Gemeinde gegen Entgelt die Nutzung einer Sport- und Freizeithalle, ist sie gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG i. V. m. § 4 KStG als Unternehmer tätig, wenn sie ihre Leistung entweder auf zivilrechtlicher Grundlage oder – im Wettbewerb zu Privaten – auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbringt.
- Gleiches gilt für die entgeltliche Nutzungsüberlassung der Halle an eine Nachbargemeinde für Zwecke des Schulsports. Auch eine sog. Beistandsleistung, die zwischen jPdöR gegen Entgelt erbracht wird, ist steuerbar und bei Fehlen besonderer Befreiungstatbestände steuerpflichtig.
Da dieses Urteil für jPdöR bei allgemeiner Anwendung zu erheblichen Problemen führen würde, ist eine gemeinschaftsrechtskonforme Anpassung der Vorschriften über die neue Rechtsnorm des § 2b UStG im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2015 vorgenommen worden. § 2 Abs. 3 UStG wird korrespondierend aufgehoben. Neben einer Übernahme der allgemeinen Grundlagen für die Unternehmereigenschaft einer jPdöR aus Art. 13 Abs. 1 MwStSystRL in § 2b Abs. 1 UStG werden in § 2b Abs. 3 UStG insbesondere Regelungen getroffen, nach denen sich bei bestimmten gegenüber einer anderen jPdöR erbrachten Leistungen keine größere Wettbewerbsverzerrung ergeben soll und deshalb eine nichtunternehmerische Betätigung vorliegt.
Bezieht sich die Zusammenarbeit von jPdöR auf Leistungen, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur von einer jPdöR erbracht werden dürfen, liegen nach der Regelung in § 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG keine wettbewerbsrelevanten und damit keine unternehmerischen Tätigkeiten vor.
Daneben legt § 2b Abs. 3 Nr. 2 UStG fest, dass keine größeren Wettbewerbsverzerrungen vorliege...