Ewald Dötsch, Prof. Dr. Franz Dötsch
Leitsatz
1. Der Gewinn aus der Veräußerung eines Bruchteils des Kommanditanteils ist nicht nach den §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigt, wenn der Veräußerer zudem wesentliche Wirtschaftsgüter seines Sonderbetriebsvermögens unentgeltlich und unter Fortführung des bisherigen Buchwerts dem Erwerber überträgt.
2. Zur Beiladung des Erwerbers eines Gesellschaftsanteils zum finanzgerichtlichen Verfahren, wenn sich der Streit darauf beschränkt, den vom Veräußerer erzielten Gewinn als laufenden oder nach den §§ 16, 34 EStG tarifbegünstigten Gewinn zu qualifizieren.
Normenkette
§§ 16, 34 EStG
Sachverhalt
An der Klägerin, der X GmbH & Co. KG, war bis 31.12.1989 neben der Komplementärin (X GmbH) der beigeladene M als alleiniger Kommanditist beteiligt. Mit Wirkung zum 1.1.1990 veräußerte M 10 % seines Gesellschaftsanteils an seine Ehefrau F. Hieraus ergab sich für M ein Gewinn in Höhe von 237844 DM. Zudem übertrug M am 12.2.1990 das bisher zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehörende, an die Klägerin vermietete Grundstück "I" unentgeltlich auf seine Ehefrau. Das Grundstück, das eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellte, wurde auch von F weiter an die Klägerin vermietet. Schließlich brachte M die ihm verbliebene Kommanditbeteiligung mit Wirkung zum 1.1.1990 gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die neu gegründete M GmbH ein. Hierbei wurde nur ein Teil der stillen Reserven aufgedeckt (Einbringung zum Zwischenwert).
Das FA erkannte die Tarifvergünstigung nur für den Einbringungsgewinn an. Den Gewinn aus der Veräußerung des 10%igen Kommanditanteils behandelte es als laufenden Gewinn. Klage und Revision der Klägerin blieben erfolglos.
Entscheidung
1. Das FG hat zu Recht davon abgesehen, F zum Verfahren beizuladen. Ihr Anteil am bestandskräftig festgestellten Gewinn der Klägerin für das Streitjahr 1990 wird durch den Ausgang des vorliegenden Verfahrens nicht berührt (wird näher begründet).
2. Würdigt man die Veräußerung des Bruchteils des Kommanditanteils an F als – gegenüber der Einbringung – eigenständigen Vorgang, so steht der Feststellung eines tarifbegünstigten Gewinns aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Teils des Mitunternehmeranteils entgegen, dass das zum Sonderbetriebsvermögen des M gehörende Grundstück "I" insgesamt zum Buchwert auf die Erwerberin (F) übertragen wurde.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH umfasst der Begriff des Mitunternehmeranteils i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht nur den Anteil des Mitunternehmers am Vermögen der Gesellschaft, sondern auch etwaiges Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 19.3.1991, VIII R 76/87, BStBl II 1991, 635). Werden deshalb anlässlich der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung zu Buchwerten in ein anderes Betriebsvermögen überführt, ist der Gewinn aus der Anteilsveräußerung nicht tarifbegünstigt, weil nicht die gesamten stillen Reserven des veräußerten Mitunternehmeranteils aufgedeckt wurden (BFH, a.a.O.).
Ist somit bei getrennter Würdigung von Veräußerungs- und Einbringungsvorgang davon auszugehen, dass M aus dem Verkauf des 10%igen Kommanditanteils einen laufenden Gewinn erzielt hat, so könnte dann eine andere Beurteilung geboten sein, wenn beide Umstrukturierungsmaßnahmen – weil auf einem einheitlichen Gesamtplan beruhend – als einheitlicher Vorgang zu werten wären. Aber selbst dann, wenn beide Umstrukturierungsvorgänge als (einheitlicher) Aufgabevorgang zu beurteilen wären, könnte der Senat diese rechtliche (und tatsächliche) Wertung seiner Entscheidung nicht zu Grunde legen. Bestimmend hierfür ist der Umstand, dass die Klägerin lediglich beantragt hat, den Gewinn aus dem Verkauf des 10%igen Kommanditanteils als Veräußerungsgewinn festzustellen. Hieraus ergibt sich zugleich, dass auch der Streitgegenstand auf diese Frage beschränkt ist und die übrigen Feststellungen des Gewinnfeststellungsbescheids – soweit eines selbstständigen Schicksals fähig – in Bestandskraft erwachsen sind. Letzteres trifft auch für die – nicht angefochtene – Feststellung zu, dass M aus der Einbringung seines 90%igen Kommanditanteils zu Zwischenwerten einen tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn in Höhe von 263096 DM erzielt hat.
Hinweis
1. Nach den §§ 16, 34 EStG werden Gewinne aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils begünstigt besteuert. Der Sinn und Zweck dieser Regelung besteht darin, die zusammengeballte Aufdeckung stiller Reserven nicht dem progressiven Einkommensteuersatz zu unterwerfen (BFH, Beschluss vom 18.2.1999, GrS 2/98, BStBl II 2000, 123).
2. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH umfasst der Begriff des Mitunternehmeranteils i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht nur den Anteil des Mitunternehmers am Vermögen der Gesellschaft, sondern – zum Zweck einer möglichst weitgehenden Annäherung der Besteuerung v...