Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Die Veräußerung eines Gebrauchtkraftwagens innerhalb eines Jahrs nach Anschaffung ist nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG steuerbar.
Normenkette
§ 171 Abs. 3a AO, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 9, § 10d Abs. 4, § 52 Abs. 39 S. 7 EStG
Sachverhalt
Über den Fall wurde oben bereits berichtet. Das FA folgte dem Begehren des Herrn K. nicht und berücksichtigte den Verlust aus der Veräußerung des Fahrzeugs nicht. Auch die Klage hatte keinen Erfolg.
Das FG erfasste das BMW-Cabrio nicht als "anderes Wirtschaftsgut" i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Darunter fielen keine Gegenstände des täglichen Gebrauchs, bei denen Wertsteigerungen von vornherein ausgeschlossen seien (Hessisches FG, Urteil vom 25.04.2006, 12 K 594/03, Haufe-Index 1644166, EFG 2006, 1758).
Entscheidung
Der BFH gab Herrn K. recht. Der Verlust aus der Veräußerung des BMWs ist steuerbar. Der BFH hat deshalb das Urteil des FG aufgehoben. Durchentscheiden konnte er aber nicht. Denn das FG hatte den Verlust bislang nicht festgestellt. Herr K. hatte das von ihm genutzte BMW-Cabrio an seine Arbeitgeberin verkauft. Es ist nicht auszuschließen, dass auf Seiten der Käufer nahestehende Personen (z.B. seine Eltern) mitgewirkt haben, sodass der Vertrag anhand der Grundsätze der steuerrechtlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen überprüft werden muss. Dies muss das FG nun nachholen.
Hinweis
1. Das Problem dieser Grundsatz-Entscheidung bringt der einfache Streitfall auf den Punkt: Herr K. erwarb am 19.01.2001 ein (gebrauchtes) BMW-Cabrio für 58 500 DM, verkaufte es am 02.10.2001 für 53 800 DM und erklärte einen Verlust von 4 700 DM. Ist dieser Verlust steuerbar?
2. Der BFH hat diese Frage bejaht. Nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG unterliegen private Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern (als Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten) als sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 2 EStG) der Besteuerung, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall ersichtlich vor. Das BMW-Cabrio ist als körperlicher Gegenstand eine Sache (§ 90 BGB) und damit ein Wirtschaftgut, das innerhalb der maßgeblichen Jahresfrist angeschafft und wieder veräußert wurde.
3. Zwei Fragen stellten sich dem BFH: Muss der Begriff "Wirtschaftsgut" eingeschränkt werden – sind z.B. Güter des täglichen Gebrauchs aus dem Anwendungsbereich der Norm auszunehmen? Fehlt die Einkünfteerzielungsabsicht, wenn Wirtschaftsgüter veräußert werden, bei denen von vornherein keine Wertsteigerung zu erwarten ist? Der BFH verneinte beide Fragen.
4.§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG betrifft alle Wirtschaftsgüter im Privatvermögen. Wenn das Gesetz als andere Wirtschaftsgüter nach "insbesondere" die Wertpapiere hervorhebt, erwähnt es einen besonderen Fall, dem aber nicht die Bedeutung beigemessen werden kann, das Begriffsverständnis des allgemeinen Begriffs "Wirtschaftsgut" einzuschränken, etwa auf Wertgegenstände. Überdies hat das Gesetz mit dem Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 vom 14.08.2007 (BGBl I, S. 1912) die Veräußerung von Wertpapieren aus § 23 EStG herausgenommen, ohne den Wortlaut der Norm im Übrigen zu ändern.
5. Die Vorschrift ist entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung auch nicht insoweit teleologisch zu reduzieren, als Wirtschaftsgüter des täglichen Gebrauchs mangels objektiven Wertsteigerungspotenzials aus seinem Anwendungsbereich herauszunehmen sind. Es fehlt schon an einer Ausnahmelücke. Der Normzweck schließt die vom Wortlaut der Vorschrift erfassten Wirtschaftsgüter des täglichen Gebrauchs nicht aus. Der Versuch, mit einem Steuervergünstigungsabbaugesetz"Veräußerungsgeschäfte bei Gegenständen des täglichen Gebrauchs" im Zusammenhang mit einer Einführung einer allgemeinen Wertzuwachsbesteuerung explizit auszunehmen (BRDrucks. 866/02, zu Art. 1 Nr. 15, 5), scheiterte. Auch die gesetzliche Ausnahme für selbst genutztes Wohneigentum, der das Ergebnis der Veräußerung von Gegenständen des täglichen Gebrauchs gleichgestellt werden sollte (vgl. BRDrucks. 866/02, 58) hilft nicht weiter, denn diese will vermeiden, dass ein Veräußerungsgewinn bei Aufgabe eines Wohnsitzes besteuert wird (vgl. BFH, Urteil vom 18.01.2006, IX R 18/03, BFH/NV 2006, 936, m.w.N.). Damit enthält § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG nur eine Sonderregelung und keinen allgemeinen Grundsatz. Deshalb kann dem Fehlen einer ausdrücklichen Ausnahmeregelung für Gegenstände des täglichen Gebrauchs nicht ein beredtes Schweigen des Gesetzes in dem Sinn entnommen werden, diese Regelung verstehe sich (weil dem Grundsatz entsprechend) von selbst.
6.Verfassungsrechtlich ist eine Einschränkung der Norm nicht geboten. Ein strukturellesVollzugsdefizit ist nicht ersichtlich. Das Gesetz enthält keinerlei Vorschriften, welche die Verifikation hindern. Zwar mag es (rein technisch) schwierig sein, Veräußerungen von privaten Wirtschaftsgütern steuerlich zu erfassen (so liegt es aber auch bei privaten Kunstgegenständen oder wertvollen Geb...